So viel mehr als Chantal

am 10.01.2017

2016 war - genauso wie die vergangenen Jahre - Jellas Jahr! Ihr Gesicht ist seit dem ersten Teil von Fack ju Göthe deutschlandweit bekannt, doch nicht nur das. Die junge Schauspielerin hat ihre Rolle „Chantal” zur absoluten Kultfigur gemacht! Wir haben mit Jella über ihr neuestes Projekt Ritter Rost 2 - DAS SCHROTTKOMPLOTT gesprochen, Lebensweisheiten ausgetauscht und in die Zukunft geschaut.

 

Obwohl Jella (24) auch schon ernstere Rollen gespielt hat und mittlerweile eine der erfolgreichsten Jungschauspielerinnen Deutschlands ist, denken viele bei ihrem Gesicht nur an: „Chantal, heul' leiser!“ Dabei hat die junge Berlinerin noch einiges mehr zu bieten.

Jella wuchs in Kreuzberg auf, entdeckte die Schauspielerei schon als Kind für sich. 2009 erhielt sie ihre erste Filmrolle, der seitdem einige weitere folgen sollten. 2013 dann der große Durchbruch mit Fack ju Göthe.

Neben der Schauspielerei liegt ihr soziales Engagement sehr am Herzen. So war sie u.a. Teil des Projekts Über den Tellerrand kochen, welches durch Kochkurse mit Berlinern und Geflüchteten „ein Kennenlernen auf Augenhöhe“ ermöglicht.

Als überzeugte Vegetarierin engagiert sie sich außerdem für Peta2, der Jugendkampagne der Organisation Peta, welche sich für die Rechte der Tiere einsetzt.

Ihr seht also, Jella ist nicht gleich Chantal. Im Gespräch mit ihr durften wir von der Offenheit profitieren, die sie dann doch mit Chantal verbindet.

jup!: Würdest du es als besondere Herausforderung bezeichnen, für ein so viel jüngeres Publikum zu spielen bzw. zu sprechen?

Jella: Ich finde ein junges Publikum toll, weil ein junges Publikum einfach ehrlich ist. Ich glaube aber, dass jede Synchronrolle, ob für Groß oder Klein, eine Herausforderung ist. Ich habe immer das Ziel, authentisch zu wirken, und von daher war es in dem Sinne nicht besonders anders. Also ich glaube, ich gehe immer mit dem gleichen Anspruch in ein Projekt rein.

„Ritter Rost” ist ja eine Buchverfilmung. Welches deiner Lieblingsbücher sollte denn verfilmt werden, und welche Rolle würdest darin spielen wollen?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich liebe Milan Kundera! Eines seiner Bücher wurde schon verfilmt. Ich habe jetzt zwar keinen speziellen Titel im Kopf, aber seine Geschichten sind immer Liebesgeschichten. Da würde ich gerne mal drin mitspielen, wenn noch eine verfilmt werden würde.

Wer sollte das Projekt dann realisieren?

Die Art, wie West Anderson Geschichten erzählt, gefällt mir sehr gut oder um jetzt mal die ganz Großen zu nennen: Woody Allen. Etwas in die Richtung fände ich total spannend.

Viele Schauspieler haben ja jetzt gegen Ende des Jahres frei. Du auch?

Ja, ich habe mehr oder weniger frei und kann schön mit meiner Familie Weihnachten und Silvester feiern.

Bist du froh, aus der Schule raus zu sein, und dein eigenes Ding machen zu können?

Ich war mega froh. Ich habe echt gedacht: „Ich bleibe hier keine Minute länger!” Aber jetzt, wo ich eine Weile raus bin, vermisse ich es. Ich vermisse es, meine Freunde jeden Morgen zu sehen, und irgendwie das Gefühl, in einem Boot zu sitzen. Man schreibt zusammen Klausuren und hat zusammen Ferien. Eigentlich cool!

Es ist natürlich toll, wenn man sein eigenes Ding machen kann, aber ich merke auch, dass viele damit ganz schön überfordert sind. Dann ist man auf einmal frei und hat keine Verpflichtungen. Aber was macht man jetzt? Es gibt so viele Möglichkeiten heutzutage, dass ich das Gefühl habe, dass manche von diesem Schwall, der da auf sie zukommt, etwas erschlagen werden.

Apropos Ende des Jahres. Ich finde ja Neujahrsrituale wie Tarot-Karten und das Gummibärchen-Orakel ganz toll. Weißt du schon, wie du das neue Jahr begrüßt?

Ich feiere am liebsten mit meinen Freunden in Berlin. Das ist eigentlich auch schon so eine Art Ritual. Bleigießen finde ich auch cool, aber eigentlich geht es mir an Silvester immer darum, mit den Liebsten in das neue Jahr reinzufeiern.

Ich muss auch sagen, dass ich irgendwie immer froh bin, wenn das Jahr vorbei ist und man das dann so abschließen kann. Dann freue ich mich einfach auf das nächste Jahr.

Hast du schon Vorsätze für das nächste Jahr?

Noch nicht direkt, aber ich habe mir schon vorgenommen, dass ich etwas herunterkomme und mich ordne und gucke, wo es hingeht. Ein bisschen Ordnung in meinen Kopf bringen, und auch Ordnung in meine ganzen Sachen. Ich würde gerne etwas weniger verpeilt durch die Gegend laufen und mir im Kopf mehr Freiheit schaffen, indem ich mir Ziele setze. Aber die Ziele habe ich noch nicht formuliert.

Ich habe vor kurzem gelesen, dass du dich noch nicht zu den Erwachsenen zählst. Gibt es dennoch eine Lebensweisheit, die du deinem 10 Jahre jüngeren Ich (und all den anderen Erwachsenwerdenden da draußen) gerne mit auf den Weg geben würdest?

Ja! Ich glaube, es geht viel darum, einfach auf sich selbst zu hören und bei sich zu sein. Was ich gemacht habe, ist: Ich habe immer sehr auf mein Bauchgefühl gehört. Ich vertraue sehr auf die Stimme, die aus mir selber kommt. Wenn ich vor Entscheidungen stehe, und da irgendwas in mir drin nicht hundertprozentig dafür ist, dann höre ich darauf, und mache es nicht aus irgendwelchen von außen auferlegten Gründen.

Hast du das immer schon so gemacht oder hast du das über die Jahre gelernt?

Ich habe das bei meinen Filmrollen gelernt. Ich musste zu ihnen erst einmal ein Gefühl oder eine Meinung entwickeln; dann konnte ich aus dem Bauch heraus entscheiden. Auch wenn vieles dafür sprach - wenn sich gleichzeitig irgendetwas an dem Ganzen komisch angefühlt hat, dann habe ich das meistens nicht gemacht.

Nun läuft es bei dir mit der Schauspielerei sehr gut. Hattest du beruflich jemals einen „Plan B”?

Irgendwie nicht. Ich bin mit dem großen Glück ausgestattet, dass ich das unbedingt machen möchte, also die Schauspielerei. Daher habe ich mir nie einen wirklichen „Plan B” zugelegt. Auch wenn es natürlich viele Dinge gäbe, die ich gerne machen würde. Ich würde zum Beispiel gerne studieren. Ich stelle mir das manchmal total romantisch vor, in die Uni zu gehen, in einem Café zu arbeiten… Ich hätte schon Lust auf die ganzen Sachen.

Hast du, was deinen Job angeht, zurzeit noch irgendwelche konkreten Ziele oder auch Träume?

Mir geht es immer um die Geschichten, die man erzählt, und ich wünsche mir weiterhin, gute Geschichten erzählen zu können. Ein großer Wunsch von mir ist es, politische Filme zu drehen, weil ich glaube, dass es das Beste ist, was man machen kann; wenn man Filme dreht, die irgendwie bildend sind oder die auch die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema lenken können. Ich finde es toll, wenn man gesellschaftlich relevante Themen in Filmen wiedergibt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht.

Also würdest du dich selber als sehr politisch bezeichnen?

Was heißt schon politisch? Ich denke einfach, dass man sich mit der Welt, in der man lebt, auseinandersetzen sollte. Das mache ich auf meine Art und Weise, nicht indem ich in die Politik gehe, aber indem ich spiele. Und wenn ich dahingehend eine Realität mitgestalten kann, wäre das toll.

Gibt es Kollegen oder Kolleginnen, mit denen du gerne mal arbeiten würdest?

Es gibt natürlich immer so große Träume. Es gibt in Deutschland wahnsinnig viele sehr, sehr gute Schauspieler. Ich habe zum Beispiel noch nie mit Frederick Lau gedreht. Außerdem gibt es viele junge Schauspieler, mit denen ich gerne mal oder wieder mal, drehen würde.

Mein allergrößter Traum wäre es, mit Leonardo DiCaprio einen Film zu machen.

Zu guter Letzt mal eine ganz andere Frage. Ist es eigentlich schwierig, so ein Interview zu geben? Muss man das üben wie die Schauspielerei?

Ich habe das nie geübt. An manchen Pressetagen gibt man ein Interview nach dem anderen und dann wächst man da so rein und lernt, kompakter und klarer zu antworten. Früher habe ich auch mal die ein oder andere private Sache erzählt, die ich heute vielleicht nicht mehr erzählen würde. Aber genau das ist es, was man dann eben lernt.

Vielen Dank für das sympathische und offene Interview! Also schnappt euch eure kleinen Geschwister und schaut euch Ritter Rost 2 im Kino an!

Wer Jella gerne in einer ernsteren Rolle sehen möchte, hat mittlerweile auch eine gute Auswahl: In den Filmen 4 Könige und Looping, die in den letzten beiden Jahren erschienen sind, werden die Höhen und Tiefen des Lebens in einem weniger rosa-roten Licht dargestellt als in Fack ju Göthe. Von Kritikern und Fans wurde die junge Schauspielerin dafür gefeiert. Und auch wir finden, Jella hat die ernsten (genauso wie die spaßigen) Rollen absolut drauf!

Also nehmt euch Jellas Lebensweisheit zu Herzen und hört 2017 mehr auf euer Bauchgefühl. Ihr habt ja gehört, was dann so alles passieren kann!

Jella Haase, © Steffi Henn (glampool)