„Burg Schreckenstein“ – Klischee olé

am 17.11.2016

jup!-Redakteurin Amanda war beim Screening und fand das Ganze leider eher abschreckend als schrecklich schön. Hier ihre Rezension des Films.

Meine Beichte vorweg: Ich habe die Bücher nie gelesen. Ich habe noch nie im Leben von ihnen gehört. Vermutlich gehöre ich einfach nicht zur Generation, die damit aufgewachsen ist und die vor Enthusiasmus gesprüht hat, als die ersten Plakate des Filmes in der Stadt sichtbar wurden.

Nichtsdestotrotz: In diesem Artikel geht es um den Film. Vielleicht geht es auch um Rollenklischees, um Vandalismus, um erwachsenes Denken, das aus kindlichen Mündern weniger schlimm klingen soll - es aber nicht tut!

Zum Inhalt: „Burg Schreckenstein“ ist, wie bereits angedeutet, die Verfilmung eines beliebten Kinderbuches, welches zwischen 1959 und 1988 erschienen ist – also ziemlich lange her und lange, bevor ich angefangen habe zu lesen. Es gibt den Hauptcharakter, Stephan, gespielt von Maurizio Magno, ein melancholisches Scheidungskind . Seine Aggressionen wachsen, die heimische Schule wird uninteressant, seine Eltern sind ratlos und schreien sich nur noch an. Was bieten sie ihm als Lösung an? Genau: Stephan wird auf ein privates Internat abgeschoben. Besagtes Internat „Burg Schreckenstein“ ist in der Tat eine Burg. Setting klar, Hauptcharakter bekannt, was könnte fehlen? Gegendarsteller, menschliches Füllmaterial und wilde Aktionen bzw. Streiche. Das Stadtkind fügt sich in all die erforderlichen „Ritterrituale“, ein geteiltes Zimmer und Rudelverhalten von Vorpubertierenden, entdeckt sogar Spaß am Lernen und macht erste Bekanntschaften mit Mädchen. Eingebettet in idyllischer Atmosphäre. Langweilig.

Das Mädcheninternat - Erziehungsstile von Vorgestern sind so „Hühnerkacke“

Was machen alle Kinder, vor allem, wenn sie sich dem anderen Geschlecht nähern wollen? Sie begehen Streiche. Je stärker die ausgelöste Reaktion, desto anziehender. Je mehr dabei kaputt geht, Unbeteiligte zu Schaden kommen und anerzogene Rollenklischees bedient werden, desto witziger? Ja, müssten sich Ralf Huettner (Regisseur) und Christian Limmer (Drehbuchautor) gedacht haben. Die Fronten sind geklärt: männliche „Schreckies“ wildern in ritterlicher Tugendhaftigkeit auf der einen Seite des Flusses herum und weibliche „Rosenfelser“, peinlich genau akkurat angezogen und durch ihre Direktorin in der eigenen Freiheit gegeißelt, auf der anderen Seite des Flusses. Herrlich. Obendrauf wird die Bezeichnung „Schlitzpisser“ für Mädchen laut, das Publikum lacht, mir fallen mitgebrachte Chips aus dem Mund.

Privilegien als Gemeinsamkeit

Wo teure Technik gezückt wird, jedem Fauxpas lässig durch Muttis und Vatis Versicherung begegnet und Kidnapping verharmlost wird, befinden wir uns schon mitten im Aktionsfeld von „Burg Schreckenstein“ und somit hinter den steinernen Burgwänden. Der soziale Status wird peinlich offen zu Schau gestellt und die Grenze zwischen den „süßen Rackern“ und wunderlichen Erwachsenen ist unüberwindbar.

Im Nachhinein bin ich wirklich froh, einige der jungen Schauspielerinnen und Schauspieler kennengelernt zu haben. Ihnen hat der Dreh großen Spaß gemacht. Für die meisten war es der erste. Schule und Schauspielerei steckten sie locker unter einen Hut, weil sie „eh gerne tanzen und singen“, aber in einem Internat leben, wollten auch sie nicht.

Das war meine Einschätzung des Filmes „Burg Schreckenstein“. Aber vermutlich befinde ich mich mit meinen 19 Jahren auch nicht mehr ganz in der Zielgruppe. Von daher: Geht ins Kino und macht euch eure eigene Vorstellung. Sind ja nur ca. 100 Minuten. Verschwenden kann man die zwar auch woanders, aber immer hin gibt’s im Kino Popcorn und eine große Leinwand.