Warum nicht einfach mal "Danke" sagen?!

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am 16.03.2017

Ich sitze hier in meiner FÖJ-Stelle, der Himmel wolkenverhangen, trüb und fahl. Kein Hauch von Frühling. Und windig ist es auch noch. Mit dem Rad bin ich hergekommen, durch den Wald bei diesem Wetter. Wie gern wäre ich jetzt in meinem Bett. Auch zum Arbeiten komme ich nicht, wer hat an so einem Tag auch schon Lust auf arbeiten? Also sitze ich hier vor dem Computer und blase Trübsal. Statt meine Führung weiter zu erarbeiten, surfe ich im Internet und stoße auf einen Artikel zur Achtsamkeit.

Und meine Gedanken nehmen ihren Lauf…

Achtsamkeit?! Ich soll achtsam sein, in einer Welt aus Egoismus und Selbstverliebtheit? Warum? Wer schätzt das? Was bekomme ich dafür?

Achtsamkeit, meinen Mitmenschen gegenüber höflich sein, das mache ich doch. Naja, zumindest meistens. Und das ohne ein Danke zu bekommen. Und dann soll ich mich in tieferer Achtsamkeit üben, ohne zu werten? In einer Welt der Stereotypen und Vorurteile. Wie soll man sich darin üben? Warum gerade ich?

Ich habe doch keine Zeit, die Welt rennt und ich versuche wie eine Irre hinterher zu kommen und stolpere doch jedes Mal über meine eigenen Beine und lege mich hin. Und die Welt bekommt es nicht mit. Oder besser, die, die es mitbekommen, ja die schauen mich an, als wäre ich verrückt, lachen mich aus oder verdrehen die Augen. Ja, kann sein, dass es wahr ist. Und ich rede mir ein, dass ich nichts auf die Meinung anderer über mich gebe, doch ich renne weiter. Ich renne ohne Pause, um doch irgendwann mit der Welt im Gleichschritt zu sein.

Was bringt mir das? Was tue ich, wenn ich mit ihr mithalte? Überholen oder doch umkehren, etwas verändern?

All das kommt mir in den Sinn und doch nehme ich nichts wahr. Es zieht durch mein ewiges Rennen nur vorbei. Keine Spur der Achtsamkeit. Was ist dabei der Sinn?

Ich dachte eigentlich immer der Sinn im Leben ist es, den Moment zu genießen und zu lieben. Und doch renne ich, renne ich durchs Leben. Und der Sinn geht verloren. Der Sinn: Klingt das nicht schön?

Ja, was war das jetzt nochmal mit der Achtsamkeit? Auf was soll ich achten? Ich muss doch rennen! Oder etwa nicht? Ja, es stimmt, durch das Rennen - die täglichen Sprints - verpasse ich doch so viel und nehme gar nichts wahr.Das entzieht sich eigentlich meinem so wundervoll klingenden Sinn des Lebens: Das Hier und Jetzt und das Leben, das Lieben von allem, vom großen Ganzen bis in das kleinste Detail. Ja, ich sollte mich doch des Öfteren üben, auch mal achtsam durch diese Welt zu laufen, die Kleinigkeiten wahrzunehmen. Hier und da mal stehen zu bleiben. Zeitdruck ist selbst gemacht und anderen hinterherrennen brauche ich nicht. Also bleibe ich stehen und genieße die Blume in den Fugen des Gehwegs, das Reh, was mich im Wald anblinzelt oder einfach die kühle Brise, die um meine Nase fegt und sage mir: Das ist das Wahre.

Ja, das ist meine Achtsamkeit und so lernte ich das Leben zu lieben und die Natur und alles um mich herum zu schätzen. Und das war ja auch der Sinn der Achtsamkeit, nicht nur meine Mitmenschen intensiver wahrzunehmen und den Egoismus klein zu halten, nein, auch meine Umgebung intensiv zu spüren und zur Ruhe zu kommen, keinen Stress zu haben.

Doch warte mal! Wenn ich nun achtsam bin und die Sachen um mich herum öfter mal in mich aufnehme, was ist dann mit mir? Gehe ich selbst, ich und mein Körper, mein Bewusstsein verloren?

So höre ich auch hier und da einfach mal auf mich und mein Empfinden. Brauche ich das, brauche ich dies? Lebe und liebe ich oder habe ich Angst? Achtsamkeit bezogen auf mich selbst. Und da stelle ich fest: Ich liebe nicht nur das Leben und die Natur, nein, auch mich selbst liebe ich. Und das nicht in einem egoistischen Weg (obwohl das auch immer mal wieder zum Vorschein kommt), ich liebe es auch einfach zu sein und nehme es an, dass ich so bin wie ich nun mal bin. Dass ich stolpere, über meine eigenen Beine, dass ich ohne Sinn und Verstand schwafel; ja, das bin ich bin!

Und bei all dem musste ich jetzt noch lernen, einfach mal dankbar zu sein! Doch wem danken? Wie danken?

Ja, einfach mal zu sagen: Danke, dass ich das erleben durfte! Danke, dass ich diese Menschen in meinem Leben habe und danke, dass ich sein darf. Auch das ist Achtsamkeit. Das glaube ich zumindest. Danke.

Ja, statt immer zu meckern: Früh aufstehen, zur Arbeit, nach Hause, schlafen. Nein! Ich sage: Danke, dass ich diese Erfahrungen sammeln darf. Danke, dass ich doch genau den Platz bekommen habe, den ich haben wollte. Danke, dass ich jeden Tag aufs Neue diesen wunderbaren Ort neu kennenlernen darf!

Und so erschließe ich mir die positiven Gedanken und damit meine ich keinen reinen, selbstzerstörerischen Optimismus. Auch Trauer und Angst haben Berechtigung. Ich meine, dass tägliche Hoffen und freuen auf schöne Erlebnisse und nette Begegnungen. Diese positive Stimme in mir sagt zu mir: „Du lebst so gut und vielleicht kannst du etwas verändern und Leuten helfen, der Natur helfen! Denn die Verrückten ändern die Welt und die Achtsamen helfen denen, die das Leben verlernt haben.“ Und ich bin halt verrückt. Und das in allen Zügen und mitten im Leben. Und nein, kein spiritueller Kram oder religionsgebunden, nein, einfach weil ich lebe.

Frei nach der Strophe aus Ed Sheeran Song “What Do I Know” könnten wir doch mit Achtsamkeit und Dankbarkeit die Welt verändern:

"I'll paint the picture, let me set the scene I know, I'm all for people following their dreams Just re-remember life is more than fittin' in your jeans It's love and understanding, positivity We could change this whole world with a piano Add a bass, some guitar, grab a beat And away we go I'm just a boy with a one-man show No university, no degree But lord knows everybody's talking 'bout exponential growth And the stock market crashing in their portfolios While I'll be sitting here with a song that I wrote Sing, love could change the world in a moment But what do I know? Love can change the world in a moment But what do I know? Love can change the world in a moment"

Nun versuche ich doch hier und da in meinem Alltag achtsam und dankbar zu sein. Und ich sitze hier, in meinem Büro und schreibe diese Worte, schaue aus dem Fenster: Es schneit, im März, der Himmel ist wolkenverhangen. Ich denke: Die Schneeflocken tanzen und meine Gedanken mit ihnen. Und da kam in meine Gedanken einfach nur das Wort: Danke!