Ostsee live

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am 05.01.2017

In der Schule, beim Arbeitsamt, aus dem Freundeskreis: Überall hört man, dass es möglich ist, ein Freiwilliges Jahr zumachen ­- sozial oder ökologisch, im Ausland oder daheim. Doch was wirklich innerhalb der Zeit passiert, was sich für Möglichkeiten ergeben und wie das Jahr zur Selbstfindung beiträgt, wird oft nur angeschnitten, aber nicht an Beispielen erläutert. Ich mach zurzeit ein FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) im Nationalparkamt Vorpommersche Boddenlandschaft. In verschiedenen Berichten und Artikeln lade ich dazu ein, daran teilzunehmen, damit ihr wisst was alles möglich ist und um einen Einblick in den Alltag eines FÖJlers zu bekommen. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit „Umweltjobs“ näher kennenzulernen. Ich hoffe, dass ich euch so weiterhelfen kann und vielleicht eine Anregung geben kann, auch ein FÖJ oder ein FSJ zu absolvieren.

Alles neu, alles anders!

Für mein FÖJ an der Ostsee bin ich aus meiner Heimatsstadt Berlin in ein kleines Dorf am Bodden gezogen. Ich wohne also nun an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist in mancherlei Hinsicht eine ganz schöne Umstellung. Ein Dorf im Tausch zur Hauptstadt. Der Bus, der nur alle paar Stunden und nur von 8 bis 19 Uhr fährt und kein Supermarkt direkt im Ort.

Auch so ein Umzug kann zum FÖJ gehören, wenn man wie ich zum Beispiel in ein anderes Bundesland zieht. Zusätzlich habe ich noch nie so lange Zeit nicht zu Hause gewohnt, was auch schon mal eine große Herausforderung ist und natürlich auch eine Überwindung darstellt. Es ist zwar noch Deutschland und auch nicht so weit entfernt, aber trotzdem… Aber zum Glück wohne ich nicht ganz alleine. Ich wohne in einer WG, bei der die Mitbewohner je nach Saison wechseln. Es kommen mal Saisonarbeiter, mal Umweltpraktikanten und auch mal Touristen. Man hat also die Chance, Unmengen an neuen Leuten kennenzulernen. Und man ist nicht alleine. Zumindest im Sommer, denn im Winter ist hier oben nix los…. Naja auch Ruhe kann schön sein, aber darüber berichte ich dann, wenn so weit ist.

Das eigentliche FÖJ

Den Großteil der Zeit seines FÖJs verbringt man in seiner Einsatzstelle, die man sich ausgesucht hat. Dabei gibt es komplett unterschiedliche Stellen und für jeden Naturfreund und Tierfreund ist etwas dabei. Alle Einsatzstellen im Überblick findet ihr hier.

Meine Einsatzstelle ist das Nationalparkamt, genauer der Sachbereich Umweltbildung. Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft wurde 1990 als einer der letzten Beschlüsse der DDR gegründet. Er umfasst rund 786 km². Das entspricht ungefähr der Fläche der Stadt Hamburg. 80 Prozent des Nationalparks besteht aus Wassermassen (Ostsee und Boddenkette). Das heißt weniger als 20 Prozent der Fläche ist Land. Dazu gehören der Darß und Zingst, aber auch Hiddensee und ein Teil von Rügen gehört dazu. Was hier besonders ist, dass im Nationalpark die längste Strecke der Ostseeküste ohne aktiven Küstenschutz ist. Hier formt und verändert also die Ostsee das Land und auch die Vegetation ist dementsprechend.

Meine Aufgaben

Im Laufe des Jahres werde ich Führungen erarbeiten und durchführen, Projekttage mit Schulen machen, die Junior Ranger betreuen und andere Projekte erarbeiten. Das Amt liegt im Wald, umgeben vom Nationalpark. Für Naturfreunde wie mich ideal. Auch meine Chefs/Kolleginnen sind total herzlich und liebevoll. Ich hab mich bereits am ersten Tag komplett wohlgefühlt. An Projekttagen in der Umweltbildung geht es vor allem darum, Schulklassen aus der Region den Nationalpark in all seinen Facetten zu zeigen, Wissen zu vermitteln und zu zeigen, warum Schutzgebiete, vor allem große Schutzgebiete, wichtig sind. Dabei arbeiten wir vor allem so, dass die Kinder, aber natürlich auch die Lehrer, Erfahrungen machen und spielerisch die Sachen kennenlernen. Sie sollen verstehen, warum Nationalparks so wichtig sind und eine Verbindung dazu bekommen. Das große Ziel ist es, dass sie ein Gefühl für Nachhaltigkeit entwickeln, die Natur respektieren und schützen. Frei nach dem Motto: Nur was du liebst, kannst auch schützen. Gerade das Lernen durch eigene Erfahrungen unterscheidet unsere Projekttage vom normalen Schulunterricht. Somit ist die Umweltbildung eine sinnvolle Ergänzung, jedoch kein Ersatz für Schulunterricht. Mit den Kindern ziehen wir dann durch den Wald, über Wiesen, am Bodden entlang und zum Strand, je nach Klasse kommen andere Themen dran; immer zur Ergänzung des Lehrplans. Es ist sehr schön zu sehen, dass die Kinder eigentlich, egal bei welchem Wetter, die Natur in sich aufnehmen und neue Erfahrungen sammeln. Auch man selbst lernt an jedem Projekttag Neues und macht neue Erfahrungen.

Ergänzend dazu betreuen wir auch Junior Ranger Gruppen, die freiwillig in ihrer Freizeit mit uns den Nationalpark erkunden. Sie machen das also als außerschulische Aktion, wie andere Jugendliche Reitunterricht haben. Mit ihnen realisieren wir verschiedene Projekte, die noch intensiver den Schutzgedanken der Natur herausbilden. Denn diese Kinder sind ohnehin schon naturbegeistert und wollen natürlich was erleben. So sind wir zum Beispiel im September mit den Junior Rangern morgens um 5:45 Uhr zum Darßer Ort (ein Teil der Kernzone im Nationalpark, wo der Mensch nicht mehr eingreift) gefahren, um die Hirschbrunft mitzuerleben. Eine tolle Erfahrung für die Kinder und natürlich auch für mich als Betreuerin.

Rund ums FÖJ – Seminarfahrten und die anderen FÖJler

Im FÖJ wie auch beim FSJ fährt man mit anderen Freiwilligen auf eine Seminarfahrt. Je nach Träger und Bundesland sind die Orte und Themen unterschiedlich. Die Fahrten werden nicht mit Inhalt vorgegeben, sondern die FÖJler dürfen zusammen mit dem Betreuer Aktionen, Arbeitseinsätze und Veranstaltungen planen und mitbestimmen, da es ja eine Fahrt für die FÖJler ist. Meine letzte Seminarfahrt war zum Beispiel zum Thema „Erneuerbare Energien“ und ging nach Güstrow. Dort sind wir u.a. auf ein Windrad geklettert und haben den Wildpark in Güstrow besucht, um mehr über einheimische Tiere zu lernen.

Die Seminar-Gruppe besteht aus ca. 20 Leuten, die an verschiedenen Einsatzstellen tätig sind. Vom Bauernhof über Tierarztpraxen bis hin zu Ämtern. Und genau so verschieden wie die Plätze sind, sind natürlich auch die Leute. Doch eines kann ich ganz klar sagen: Noch nie habe ich so viele tolle Leute auf einem Haufen getroffen, die zwar alle komplett verschieden sind, aber trotzdem sich super ergänzen! Wenn du also neue Leute kennenlernen möchtest, lohnt sich alleine dafür schon das FÖJ.

Zwischenfazit nach 4 Monaten

Allein in den letzten Monaten habe ich so viel erlebt und gelernt. In dieser einzigartigen Landschaft hier kann man so Einiges erleben: Im Herbst zum Beispiel die Brunft der Rothirsche und wie deren „Gesang“ durch den ganzen Wald schallt oder die abendliche Ankunft der bis zu 40.000 Kraniche, die dann so laut sind, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht.

Meine Aufgaben hier im Amt sind auch sehr vielseitig. So habe ich die Dämmerwaldführung mitgeleitet und Projekttage mit Schulkassen zum Thema „Sinne und Wald“ durchgeführt. Wobei es immer wieder schön ist, Kleine und Große zu begeistern und ihnen zu vermitteln, warum Naturschutz und vor allem der Nationalpark wichtig ist. Ich bin mit Rangern durch ihr Revier gezogen und habe somit den Alltag der Ranger kennengelernt, ich klettere auf Windräder, betreue wunderbare kleine Naturschützer – die Junior Ranger - und habe Vieles gelernt, was ich nie in der Schule vermittelt bekommen habe. Das umfasst sowohl wissenschaftliches, soziales als auch pädagogisches Wissen. Aber vor allem bin ich selbstbewusster und selbstständiger geworden. Denn das FÖJ ist neben der beruflichen Orientierung vor allem auch ein Jahr der Selbstfindung!

Natürlich gibt es auch Sachen, die nicht so viel Spaß machen: Jetzt in der Nebensaison bzw. im Winter gibt es viel Büroarbeit. Aber auch das gehört dazu und man muss auch das mal kennenlernen, um sich weiter zu bilden. Ich habe daraus gelernt, Bürojobs sind nichts für mich. Darüber hinaus kann es hier sehr einsam sein, wenn man im Winter alleine in der WG ist und auch sonst hier niemanden kennt. Man sollte sich darüber dann im Vorhinein Gedanken machen, bei so einer Einsatzstelle wie meiner, ob man das aushält oder nicht.

„Ich bereue nichts!“ - Warum ein FÖJ toll ist

Ich habe in der Dunkelheit erlebt, wie uns eine Wildschweinrotte ein Stück begleitet hat bei unserer Führung (von wegen Wildschweine sind aggressiv), wie Rehe meine Anwesenheit tolerierten und sich aus nur 5 Meter Entfernung fotografieren ließen und wie viel man eigentlich erlebt, auch ohne Sehsinn in einem dunkeln Wald. Für all das, in der bisher kurzen Zeit, hat sich das FÖJ jetzt schon gelohnt und ich bin mir sicher, dass ich auch im laufenden Jahr noch viele weitere tolle Erfahrungen machen werde.

Außerdem lernt man unglaublich viele nette und interessierte Menschen kennen. Sei es bei Führungen, auf den Seminarfahrten, in der Einsatzstelle oder wenn man privat im Gebiet unterwegs ist und man mit Leuten ins Gespräch kommt.

Ich hoffe, ihr habt schon mal einen Überblick zum Thema FÖJ bekommen. Beim nächsten Mal kann ich dann noch mehr schöne Erlebnisse teilen und einen Einblick in andere Einsatzstellen geben.

Bis dahin könnt ihr auf meiner Facebook-Seite und meinem Instagram-Account anhand von Fotos sehen, was man im FÖJ im Nationalpark so erlebt. Bald gibt es auch mehr Infos auf meiner Webseite.

Bis dahin, bleibt schön öko! :)

Interessierst du dich auch für einen Freiwilligendienst nach der Schule?

Hier findest du mehr Infos dazu!