In einem großen roten Backsteinbau etwas abseits des Kreuzberger Trubels finde ich den Privatclub. Einzig ein rot leuchtendes P weist den Weg durch die dunkle Nacht und führt mich zu einer ebenfalls rot erleuchteten Bar mit Bühne.
"Hast du schon mal von Phela gehört? - Nein? - Sie ist eine Berliner Singer-Songwriterin und sie wird gleich hier auf dieser Bühne stehen.
Ein Cello sowie Klavier und Mikro und selbstverständlich die Violine stehen schon bereit. Und dann kommt sie… Phela… schließt beim Singen die Augen und späht ab und zu leicht zu ihrem Publikum. Sie wirkt sympathisch und authentisch, ganz anders als die neumodernen Sängerinnen.
„Ihr Kleid sieht ja aus wie die Gardinen meiner Oma. - Hey! Mir gefällt’s! - Ich sag ja nichts. Meine Oma und ihre Gardinen mag ich ja auch.”
Nicht nur das Kleid ist ein echter Hingucker. Das sie begleitende Duo, ein Gitarrist und ein Schlagzeuger haben auch ihren ganz eigenen Stil, sich auszudrücken. Mit Sonnenbrille, Leidenschaft und ganz viel Liebe folgen sie Phela durchs Programm und durch Deutschland. Denn auf Phelas kleiner Tournee treten sie als ihre Vorband auf. Neben ihnen ist da noch Mitstreiter Moritz, der Phela mal am Cello mal am Klavier begleitet. Zusammen legen sie eine wunderbar lebendige Performance hin.
Die Auswahl der Lieder ist ein Mix aus Bekanntem und noch nie zuvor Gehörtem. Voller Freude spricht sie von ihrem neuen Album „ Wegweiser”, das im März erscheint.
„Wegweiser“ - so heißt auch der erste Song, den sie für dieses Album schrieb. Auf einer dieser unermüdlichen Kreuzungen zu stehen und nicht zu wissen, in welche Richtung man gehen soll, wer kennt das nicht. So beschäftigt sich das neue Album intensiv mit Identität und was sie ausmacht. Wer bin ich überhaupt und was will ich, sind Fragen, die sich wohl jeder immer wieder stellt.
Die Titel „Zuhause” und „Meine Familie” verraten schon, was der Songwriterin am Herzen liegt. Sie ist in der Pfalz geboren. Wer das aber nicht weiß, würde in ihr sofort die waschechte Berlinerin erkennen. In einer Kreuzberger Wohnung lebte sie auch und schrieb hier viele ihrer Songs. Liebe steht natürlich auch immer wieder im Mittelpunkt. - Was wäre denn Musik wohl ohne Liebeslieder? Und so kann man ihren Stil auch gern als romantisch bezeichnen. An diesem Abend schwärmt sie ebenfalls von ihrem Mutterglück. Tochter ins Bett gebracht und rauf auf die Bühne - das ist schon beeindruckend. Es erklingt „Unser Lied” und spornt sofort zum Mitsingen an, wobei ein richtiges Gemeinschaftsgefühl entsteht. Ich musste da ein wenig an Andreas Bouranis Song vom letzten Jahr denken.
Ausgelassen und gefühlvoll zugleich, so lässt sich Phela vielleicht beschrieben. Mit Humor und Charakter leitet sie von Lied zu Lied über und mal tanzt sie zu ihren Melodien, dann wieder umklammert sie das Mikrophon oder begleitet sich auf ihrer Violine. Die ganze Band hat Spaß und so lässt sich die Musik einfach nur genießen.
Zuerst dachte ich, es sei Mainstream - Deutschpop á la Tim Bendzko oder Max Giesinger und doch ist es etwas anders. Groovig und ein Hauch von Pop und Indie. In ihrem neuen Album wagt sie sich auch an die französische Sprache- die Berliner Note aber bleibt und was daraus entsteht werden wir ja noch zu hören bekommen. Wer neugierig geworden ist, sollte mal reinhören. Auf Spotify und auch bei youtube.
Ich komme jedenfalls nicht darum herum, denn wenn auch die Worte nicht kleben blieben, so zieht sich auf meinem nächtlichen Heimweg doch zumindest die Leichtigkeit und Freude der Musik durch die wieder laute haltlose Stadt. Manchmal ist es doch so schön, auf einer dieser unermüdlichen Kreuzungen einfach einen Moment stehen zu bleiben und Musik zu hören.