Auf hoher See - Abenteuer auf der Thor Heyerdahl

am 26.09.2016

Einmal wie ein Pirat über die Meere segeln, wer träumt nicht davon? Für etwa 30 deutsche und polnische Schüler*innen des Projekts "Wir sind eine Crew - Zusammen kommen wir weiter" wurde dieser Traum Wirklichkeit. Für sechs Tage segelten sie zusammen mit einem erfahrenen Team auf dem Segelschiff Thor Heyerdahl von Kiel Richtung Dänemark. Amanda und Abdu aus der jup! Redaktion haben die Jungs und Mädchen für das Projekt innovativ-international vor ihrer Abfahrt in Kiel besucht. Warum sie an einer internationalen Jugendbegegnung teilnehmen und welche Aufgaben sie an Bord haben, erzählen sie im Video!

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Nun sind alle Jugendlichen wieder zu Hause. Dass die sechs Tage kein Erholungsurlaub waren, weiß Lennart, der mit an Bord war. Alle mussten mit anpacken und in Schichten alle anfallenden Aufgaben wie Segel hissen, Anker einholen, Essen kochen oder das Schiff steuern zusammen mit den Schichtleitern erledigen. Wie das war und warum sie diese Erfahrung niemals vergessen werden, erzählt euch Lennart in seinem Logbuch. (Text/Fotos: Lennart P., 16 Jahre)

Am ersten Tag unserer sechstägigen Reise, trafen wir uns in Kiel an der Thor Heyerdahl. Wir sind über die Gangway auf das Schiff gegangen und haben uns in die Kojen einteilen lassen. Nach einigem Umtauschen der Zimmergenossen, bin ich letztendlich mit Jesper, Christian, Jendrik, Yannick und Dawid in einem Zimmer verblieben. Nachdem alles bereit war und nun auch der Kapitän eintraf, fuhren wir mit dem Dieselmotor los in eine Bucht in die Nähe von Laboe. Dort ließen wir den Backbordanker ins Wasser. Nun gab uns der Kapitän frei zu baden, ich habe es auch gewagt. Es war eine coole Erfahrung. Wir bekamen auch die Einteilung unserer Schichten, ich kam in Wache 1, zusammen mit Melina, Yannick, Selina und noch weiteren Crewmitgliedern und Schüler*innen. Unsere Wache ging von 0:00 bis 4:00 Uhr. Die erste Wache durfte ich ausfallen lassen, da ich für die Backschaft eingeteilt wurde, das heißt so viel wie Küchendienst. Der erste Tag neigte sich dem Ende, der Seegang war gering, eigentlich kaum zu spüren, gelegentlich, wenn ein Schiff vorbei fuhr, wie z.B die Aida.

Der zweite Tag brach an und wir wurden von dem Weckdienst geweckt. Ich durfte meine erste Wache ausfallen lassen, damit ich genug Schlaf habe, um für die 50 Mann/Frau starke Besatzung Frühstück und Mittagessen vorzubereiten. Eine Heidenarbeit wie sich herausstellte, aber trotzdem keine lästige Aufgabe. Nach dem Frühstück wurde der Anker gelichtet und wir brachen auf Richtung Dänemark, weiterhin mit dem Motor. Aus der Bucht herausgefahren, konnten wir nach einiger Zeit die Segel hissen, dieses Spektakel war phänomenal. Leider haben Janne, Jendrik, Sophia (Crew) und ich nicht so viel davon mitbekommen. Nach dem Frühstück folgte der Abwasch, der aber - unterstützt von guter Musik - erstaunlich angenehm war. Direkt danach fingen wir damit an, das Mittagessen vorzubereiten. Zum Segel hissen mussten wir allerdings unsere Vorbereitungen pausieren. Wir segelten aufs offene Meer und im 360-Grad-Rundumblick war nichts außer Wasser, nie zuvor konnte ich sowas sehen, es war unglaublich, man fühlte sich verschluckt von der See. Wir segelten schon einige Stunden nur mit Segelkraft bzw. Windkraft, der Dieselmotor musste uns nach dem Hissen der Segel nicht mehr unterstützen. Nun kam das Mittagessen, es gab Huhn mit einer Soße, welche sehr scharf geworden war... wir konnten aber alles an den Mann bzw. die Frau bringen und es schien zu schmecken. Außerdem gab es Reis und Gemüse. Wir mussten kaum noch was machen, die anstrengende Backschaft war bald geschafft. Danach kam die Meldung: Land in Sicht. Wir haben die Insel, welche wir ansteuerten, erreicht und packten die Segel, dies war sehr anstrengend und kostete viel Zeit.

In meiner Wache von 12:00-16:00 Uhr durfte ich von 15:30-16:00 Uhr das Schiff selber steuern. Wir fuhren bis auf ein paar hundert Meter ans Land heran und ließen den Backbordanker hinunter. Hier wollten wir die nächste Nacht verbringen. Es wurde klar Schiff an Deck und in der Kombüse gemacht und alle traten zum Abendessen an, welches von der neuen Backschaft vorbereitet wurde. Da ich um 0:00-2:00 Uhr Nachtwache hatte, ging ich früher ins Bett. Wir planten für den nächsten Morgen einen Landgang, auf der scheinbar kaum bewohnten Insel. Der Wellengang war während der Fahrt von Kiel nach Dänemark stärker geworden. Ich war auch das erste Mal - natürlich gesichert - an den Segeln zu Gange und habe sie mit Sophia (Crew), David (Crew), Kamilla (Austauschschülerin) befestigt, eine echt spannende Aufgabe. Ich nahm mir für den nächsten Tag vor, oben ins Rigg zu klettern.

Eine weitere Nacht ist vergangen. Ich hatte von 0:00-2:00 Uhr Wache und musste eine Sicherheitsrunde durchs Schiff machen. Ich prüfte, ob sich irgendwo Wasser gesammelt hatte, ob alles fest ist und ob es nach Rauch riecht, dann musste ich noch das Wetter aufschreiben (Wassertemperatur, Luftdruck, Außentemperatur, Wolken, Windstärke). Außerdem musste ich noch die Position regelmäßig peilen. Wir sind dann wieder früh morgens aufgestanden und haben uns in ein Dingi (Beiboot) gesetzt und sind los in Richtung scheinbar unbewohntes Land gepaddelt. Wir haben es erkundet, dort lebten ein paar freundliche Bauern, es schien aber so, als gäbe es mehr Kühe als Menschen auf der Insel. Nach einiger Zeit kamen wir am höchsten Punkt der Insel an, dort war ein unbeschreiblicher Ausblick, auf das scheinbar leere Meer und mittendrin sah man die Thor Heyerdahl, einfach überwältigend! Wir machten uns wieder auf zu unserem Dingi, welches wir am Strand abgelegt hatten. Als alle an Bord waren, fuhren wir wieder in Richtung der Thor Heyerdahl. Man fühlte sich so winzig und unser Schiff kam immer näher. Angekommen gingen wir auf die Leiter und schnappten uns unsere Badehose.Manche sprangen sogar von der Rigg aus ins Wasser, darunter auch ich. Nun gab es Frühstück. Fertig und gekräftigt lichteten wir den Anker und setzten die Segel, dies dauerte sehr lange und war anstrengend. Wir verließen langsam die scheinbar einsame Insel und fuhren in Richtung Fåborg, wo uns ein großer Hafen erwartete. Nach einigen Stunden Fahrt, mussten wir wieder Wache schieben. Ich durfte das Schiff steuern. Der Wind ließ langsam nach und wir haben die Segel eingepackt, der Motor wurde angeschaltet, ich gab das Steuer ab und begab mich auf den Beobachtungsposten, um auf Schiffe und andere Objekte zu schauen, mit denen wir eventuell kollidieren könnten. Nach langer Fahrt war Land in Sicht. Wir fuhren in Richtung Fåbord entlang an vielen Untiefen, wo das Wasser teilweise nur 60 cm tief war. Diese waren abgegrenzt von roten Bojen. Ich war mit Christian dafür zuständig, das Tau an den Anlegepunkten am Hafen fest zu machen. Zusammen fuhren Chris ich und drei Crewmitglieder mit dem Dingi vor und suchten per Funk eine Anlegestelle. Nach langer Suche fanden wir eine geeignete Stelle. Das Tau anzubringen, war eine große Herausforderung, die wir aber gut meisterten. Nach dem Anlegen bauten wir die Gangway auf und konnten von Bord. Es gab Abendessen und fast alle ließen den Tag nach einem Landgang ausklingen. Es waren ein paar sehr anstrengende Manöver, aber der Tag war echt Hammer! Am nächsten Tag wollten wir Diesel bunkern und Fåborg verlassen. Unsere erste Nacht in einem Hafen. Für die Nacht steht glücklicherweise keine Nachtschicht für mich auf dem Plan. Ich durfte durchschlafen, was nach dem anspruchsvollen Tag sehr gelegen kam.

Ich hatte über Nacht keine Schicht, das heißt, ich konnte durchschlafen. Wir wurden morgens geweckt und es gab Frühstück, danach machten David (Crew), Lea und ich die Taue vom Hafen lose. Sie wurden eingezogen, die Thor legte ab und fuhr aus dem Hafen. Hinterher das Dingi, als die Thor weit genug draußen war, wurden wir mit dem Dingi vom Steg abgeholt und fuhren zurück zum Schiff. Allerdings nicht sofort, wir fuhren nochmal mit Vollgas aus Spaß ums Schiff herum. Es war echt ein cooles Erlebnis, mit so einer Geschwindigkeit an der Thor vorbei zu fahren und um sie zu kreisen. Fertig mit unserer Spaßfahrt fuhren wir ans Schiff heran und wurden mit der Vorderleine befestigt, alle waren nun wieder an Bord und auf dem Weg Richtung Æero, wo wir an einem Hafen namens Marstal anlegen wollten. Da wir Wind von vorne hatten, kamen wir nur mit etwa 4.5 anstatt 5.5 Knoten voran, das bedeutete, dass wir nicht vor 19:00 anlegen würden. Ich durfte wieder das Steuer übernehmen und fuhr erst nach Befehlen des Kapitäns (er sagte mir, wie ich das Ruder legen sollte, z.B auf Steuerbord, Backbord oder Mittschiffs), bis wir ins weite Fahrwasser gelangten, ab dort sollte ich selbstständig den Kurs halten, welcher zwischen 180° und 210° pendelte. Da Flaute herrschte und nur geringer Wind von vorne kam, konnten wir keine Segel setzen. Wir fuhren also nur mit dem Motor. Das Wetter war perfekt, wir hatten klaren Himmel (0/8 bewölkt). Ich gab nach dem Mittagessen das Ruder ab, damit ich auch etwas essen konnte, übernahm es aber nach einiger Zeit wieder. Als unsere Wachzeit vorbei war, übergab ich das Ruder dann wieder und nahm mir meinen Klettergurt. Ich kletterte mit Annika (Crew) und Mandel (Crew) hoch auf den dritten Mast. Als ich oben ankam, war der Ausblick faszinierend und es war zugleich beängstigend, da wir fuhren und ich fast ganz oben im Mast war. Ich kletterte nach einiger Zeit wieder runter, es war kurz vor 19:00 Uhr, der Hafen war schon in Sicht und wir bereiteten uns aufs Anlegen vor, haben zusammen die Taue mit Wurfleinen versehen und schickten die Dingi-Besatzung vor, diese wartete am Hafen und nahm die Taue entgegen. Wir legten an. Das Aufbauen der Gangway gestaltete sich schwierig, da ein Abstand von etwa 30 cm zwischen Steg und der Thor war. Doch diese Aufgabe meisterten wir schnell. Am Ende wurde klar Schiff gemacht und es gab Abendessen. Wir durften auch einen Landgang machen. Ich ging früh zu Bett, da ich schon um 2:00 Uhr zur Nachtwache antreten musste. Ich wurde geweckt, das heißt, ich musste mich warm anziehen und zur Nachtwache.Diese habe ich mit Selina und Lea gemacht. Wir gingen um 2:30 Uhr eine Sicherheitsrunde, überprüften die Bilgen, ob sich Wasser im Schiff gesammelt hatte, schauten, ob nichts lose steht und testeten, ob irgendwo Brandgeruch war. Wir starteten am Achterdeck, gingen in den Maschinenraum, danach in die Messe, dann hindurch bei den Kojen in Richtung Kombüse, danach zum Vorderdeck und übers Hauptdeck wieder zum Achterdeck.Alles war gut, es gab keine Gefahren, diese Prozedur wiederholten wir um 3:30 Uhr. Natürlich wurde auch regelmäßig das Wetter überprüft. Fertig mit der Schicht, ging ich zu Bett. Der Plan für den nächsten Tag war abzulegen und in Richtung Kiel zu fahren, voraussichtlich unter Segeln.

Der vorletzte Tag unserer Reise brach an und wir haben Frühstück gegessen. Ich war noch ein wenig müde von meiner Nachtwache. Der Kapitän gestattete uns noch einen Landgang, mit der Empfehlung, das Schiffsfahrtmuseum von Marstal zu besuchen. Dies haben Chris, Martha, Yannick, Dawid und ich auch gemacht. Es war sehr schön und sehr interessant im Museum. Viele Bilder und Schiffsmodelle waren ausgestellt, es war sehr sehenswert. Nach unserer Museumstour ging es wieder zum Schiff, wo es dann hieß: bereit machen zum Ablegen. Wir haben die Taue nacheinander gelöst, bis auf die Achterspring, diese nutzen wir für ein Drehmanöver. Nachdem es geschafft war, holten wir auch diese ein und fuhren aus dem Hafen. Das Dingi kam nach einer Weile und wir schafften es wieder an Bord.

Für den heutigen Tag war guter Wind angesagt, nicht so wie bei den anderen Tagen, wo wir zwar sehr schönes Wetter hatten, aber kaum Wind und Seegang. Doch der Tag hatte es in sich, in Windeseile wurden die Segel gesetzt und wir fuhren mit reiner Segelkraft gen Kiel. Da wir stärkeren Seegang hatten wurden, vielen schlecht, mir aber nicht, ich durfte ans Steuer und musste überrascht feststellen, wie schwerfällig das Ruder bei den Wellen war. Man musste sich viel mehr reinhängen, als bei den letzten Fahrten. Trotz allem gelang es mir, den Kurs zu halten. Nach einer Zeit übergab ich das Steuer an Christian. Unsere geschätzte Ankunftszeit war 20:00 Uhr aber schon bald war Deutschland wieder in Sicht und damit auch der letzte Punkt unseres Törns. Wir wollten allerdings nicht am Hafenplatz stehen, sondern in der Bucht. Ich sollte zusammen mit Selina und Annika (Crew) die Vordersegel packen. Sophia leitete uns an. Um dies zu machen, ging ich auf den Klüverbaum (die Spitze) des Schiffs und versuchte, so gut es ging, beim Segelpacken zu helfen. Es war unbeschreiblich praktisch über dem Wasser zu sein und die Kreuzfahrtschiffe, die neben uns fuhren, spät abends mit ihrer gesamten Beleuchtung, sehen zu können. Fertig mit dem Packen der Segel ließen wir den Anker zu Wasser. Danach wartete ein Festessen auf uns: Das ,,Kaptain's Dinner“! Es gab Huhn, Kartoffelpuffer, jede Menge Salat und noch vieles mehr. Ein tolles Festessen. Wir sangen Seemannslieder und ließen unseren letzten gemeinsamen Abend festlich ausklingen.

Der letzte Tag: Christian und ich haben uns am Tag davor bei André gemeldet, um Brötchen zu holen. Zu dritt ließen wir das schon draußen hängende Dingi zu Wasser und fuhren zum Hafen. Chris blieb beim Dingi, André und ich holten Brötchen. Nachdem wir letztendlich doch über 50 Brötchen beim Bäcker bekamen, trotz fehlender Vorbestellung, gingen wir zurück zum Dingi, wo Chris schon auf uns wartete. Nach einer ausgiebigen Spaßfahrt quer durch den Hafen kamen wir wieder am Schiff an und übergaben die Brötchen. So viel Spaß machte Brötchen holen noch nie. Danach haben Chris und ich uns unsere Badehosen angezogen und sind einmal ums Schiff geschwommen, ich bin dann nochmal vom Rigg ins Wasser gesprungen. Das Wasser war relativ kalt, aber erträglich. Wir gingen duschen und dann gab es Frühstück. Das letzte mal auf der Thor vorerst. Wir machten das Schiff nach dem Essen hafenfein, das heißt, wir packten die Segel so schön wie möglich ein und machten Klarschiff. Ich ging wieder an den Klüverbaum und packte mit Jenny (Crew) die Vordersegel. Der Flieger war die größte Herausforderung, da wir ganz an die Spitze gingen. Fertig damit wurde der Anker gehievt und wir machten uns auf den Weg zum Hafen. Ich wollte vorne an der Spitze des Klüverbaums sein, wenn wir die Masse von Eltern erreichen, die sehnsüchtig auf ihre Kinder warteten. Meine Eltern waren beeindruckt von meiner Position, Lea war ganz oben auf dem Mast, Melina und Selina mit mir auf dem Klüverbaum. Wir machten einen spektakulären Eindruck. Nun mussten wir anlegen, kein Problem wir waren ja mittlerweile schon geübt darin. Die Gangway wurde aufgebaut und das Gepäck war bereits vor dem Ankerhieven an Bord gebracht worden. Nun schafften wir alles an Land zu unseren Eltern und jeder bekam vom Kapitän eine Urkunde für den Segeltörn. Wir verabschiedeten uns und die eine oder andere Träne lief über die Wange, die wundervolle Zeit an Deck war vorbei. Vorerst, denn manche, die besonders herausstachen, wurden gefragt, ob sie nicht mal einen Ausbildungstörn machen wollen, damit sie als Crewmitglied anheuern können, unter anderem ich. Eine Sache die ich mit hoher Wahrscheinlichkeit machen werde und somit ein neues Hobby gefunden habe, mal sehen...

Der Segeltörn übertraf weit meine Erwartungen. Ich hatte noch nie ein vergleichbares Erlebnis. Ich würde so eine Tour jederzeit wieder machen und will auch selber Crewmitglied werden. Ich kann diese Erfahrung jedem empfehlen. Es ist ein Ereignis, an welches sich alle Teilnehmenden noch lange erinnern werden.

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