25% aller Schüler*innen erleben Formen der Diskriminierung in der Schule, hat die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes durch Umfragen herausgefunden.
Wir haben Aylin Karabulut von der Universität Duisburg-Essen zum diesem Thema interviewt. Sie hat für ihre Forschungsarbeiten mit Schüler*innen im Alter von 15-18 Jahren über ihre Rassismuserfahrungen gesprochen.
Rassismus in der Schule ist Teil ihrer alltäglichen Erfahrungswelt. Eine Schülerin erzählte davon, dass ein Lehrer zu ihr sagte „Bei dir merkt man, dass du keine Deutsche bist“.
In einer anderen Gruppendiskussion erzählte ein Schwarzer Schüler davon, dass er nicht als Individuum wahrgenommen wird, sondern von Lehrpersonen mit negativen Einstellungen gegenüber Schwarzen Personen konfrontiert wird.
Eine weitere Schülerin erzählte davon, dass sie mit dem IS (islamistische Terrormiliz) gleichgesetzt wird, weil sie Muslima ist. Solche Rassismuserfahrungen im schulischen Kontext sind biographisch besonders einschneidend und können nachhaltige Auswirkungen mit sich bringen.
Wir vermitteln jungen Menschen, dass staatliche Institutionen gerecht und verlässlich sind und dass die Würde des Menschen unantastbar ist.
Institutioneller Rassismus untergräbt aber tagtäglich die Würde dieser Schüler*innen und trägt dazu bei, dass das Vertrauen in staatliche Institutionen nachhaltig gebrochen wird.
Rassismus – ganz besonders in Institutionen – führt zu realen Ungleichheiten und ruft Gefühle von Ungerechtigkeit und Ohnmacht hervor.
In der Schule ist Rassismus besonders einschneidend für junge Menschen, da Macht dort sehr ungleich verteilt ist. Rassismus findet in Schulen institutionalisiert stattfindet und hat große Auswirkungen auf die Zukunftschancen von jungen Menschen.
Das Bildungssystem in Deutschland reproduziert sehr stark bereits bestehende gesellschaftliche Ungleichheiten.
Das deutsche Bildungssystem ist im europäischen Vergleich eines der unfairsten. Die wissenschaftlichen Studien dazu existieren seit Jahrzenten; es ändert sich jedoch nichts auf der Ebene der Bildungsinstitutionen.
Unserem Bildungssystem fehlt es momentan an einem Bewusstsein für institutionellen Diskriminierungsmechanismen – und eben auch für institutionellen Rassismus.
Antisemitismus, Sexismus und Rassismus finden – wie alle Diskriminierungsformen – strukturell und in der gesamten Gesellschaft statt.
Indem z.B. Antisemitismus lediglich im Kontext von Muslim*innen bearbeitet wird, wird das strukturelle Phänomen des Antisemitismus auf sie reduziert und als außerhalb der „deutschen“ Gesellschaft verortet.
Die weiße Mehrheitsgesellschaft und auch staatliche Institution müssen sich auf diese Weise nicht mit diesen Problemen beschäftigen, sondern können diese alleinig „muslimischen Schüler*innen“ und „schwierigen migrantischen Milieus“ zuschreiben.
Unsere Gesellschaft und deutsche Institutionen haben noch kein tiefgreifendes Problembewusstsein für Rassismus.
Wir brauchen daher sehr dringend unabhängige Antidiskriminierungsstellen für Schüler*innen, die im Bereich der Antidiskriminierungsberatung geschult sind und in multiprofessionellen Teams zusammenarbeiten, um Betroffene zu unterstützen.
Diese Stellen müssen mit genügend Ressourcen ausgestattet sein und den notwendigen Rückhalt aus der Politik erhalten.
Wir brauchen endlich einen kritischen Diskurs über strukturellen Rassismus in der BRD und klare Handlungen, die unmissverständlich zeigen: Wir dulden keinen Rassismus – weder in der Gesellschaft noch in Institutionen.
Für mich stellt sich diese Frage nicht. Es ist eine Notwendigkeit, dass wir strukturellen Rassismus überwinden müssen, um dem deutschen Grundgesetz zu entsprechen.
Struktureller Rassismus greift die Grundpfeiler unserer Gesellschaft an. Viele Betroffene fühlen sich nicht ernst genommen, nicht repräsentiert und im Stich gelassen.
Ich sehe einige Veränderungen und wichtige Diskurse über Privilegien und Ungleichheiten in einigen Bereichen.
Das ist ein wichtiger erster Schritt. Wir müssen den rassismuskritischen Diskurs weiter ausbauen und brauchen gleichzeitig dringend tiefgreifende strukturelle Veränderungen auf allen Ebenen der Gesellschaft.
Du wurdest in der Schule diskriminiert? Dann wende dich an ADAS!
Anlaufstelle Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS)
Die Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS) ist eine unabhängige Beratungsstelle für Schüler*innen, Eltern/ Sorgeberechtigte, Lehrkräfte und Schulbeschäftigte aller Berliner Bezirke, die an einer Schule diskriminiert wurden.
persönliche, telefonische und Online-Beratung
Hotline: 0800 724 50 67
Mail: beratung@adas-berlin.de