Grande Finale

von
am 21.02.2019

Aufgeregtes Murmeln, Flüstern, aufmerksame Blicke hier und da: Als nach und nach Menschen den großen Bühnenraum der Tischlerei der Deutschen Oper betreten, steht die Spannung bereits in den Startlöchern. Wie ein kleiner Schwarm bewegen sie sich in Richtung Tribüne, um es sich schon mal gemütlich zu machen, andere wiederum wollen zunächst die Räumlichkeiten kennenlernen und schauen sich in der Halle um.

Der Raum ist gefüllt mit Instrumenten, Sitzsäcken, farbenfrohen Lichtern, die zu einem entspannten und freien Ambiente einladen; die Zuschauer*innen, so wie man liebe Gäste behandelt, werden freundlich und warm begrüßt - ein kollektives Miteinander rundum, ein bisschen so, als würde man sich auf einer Familienfeier treffen. Stichwort Familie, das ist hier tatsächlich nicht ganz verkehrt.

Die klassische Zweiteilung des Raums in Bühne und Zuschauertribüne wird aufgelöst. Das Publikum soll sich, wie die Künstler*innen, frei im Raum bewegen. Alles verläuft fließend. Das Konzept des Minifestivals COMMON SOUND lehnt sich an den multiethnischen Hintergrund des Projekts an: Integration durch Interaktion. Und so sollen sich Zuschauer*innen und Künstler*innen sehr nah kommen.

Am heutigen Abend, dem 17. Februar 2019, geht COMMON SOUND in die letzte Runde. Zwei Wochen, die die jugendlichen Teilnehmer*innen in diesem transkulturellen Musikprojekt der Jungen Deutschen Oper investiert haben. Zwei Wochen voller Arbeit, einer Menge Spaß, Motivation und geballter kreativer Power erreichen nun an diesem Abend die Ziellinie. Bereits die Premiere am Vorabend zahlte sich aus und leitete die perfekte Wochenendstimmung ein - jetzt geht es für die Künstler an einen runden Abschluss!

Eine kurze Erinnerung an die Mühen der Vortage: Schon in den Abendproben, kurz vor der Veranstaltung, wurde mit Hochdruck der gesamte Ablauf getaktet und der Bühnenpräsenz letzte feine Schliffe verliehen. Natürlich verlief nicht immer alles reibungslos, doch von kleineren Patzern hat sich keiner beirren lassen. Nach Absprachen wurden Lösungen gefunden und plangemäß weiter geprobt, damit das Programm sitzt. Und die Teilnehmer*innen? Tja, die wussten sich bei Laune zu halten - immerhin bietet ja so eine große Bühne auch mal Raum für kreativen Quatsch!

Doch auch bei den Workshop-Leiter*innen ließ sich die Vorfreude nicht verbergen. Man merkt schnell: Hier treffen leidenschaftliche Musiker*innen mit großem Willen aufeinander! Kultureller Austausch und das offene Miteinander, das ist in dem Projekt COMMON SOUND ganz groß geschrieben wird - egal, ob deutsch oder persisch, jung oder alt – hier begegnen sich alle auf Augenhöhe. Und die gemeinsame Sprache der Musik hilft dabei alle Grenzen zu überwinden. Und dieser wundervollen Sprache dürfen jetzt auch wir Zuschauer lauschen.

Lichter aus, Scheinwerfer auf die Bühne gerichtet, und die Vorstellung kann beginnen!

Und wie! Schon im ersten Akt Gänsehaut. Wir Zuschauer befinden uns auf der linken Seite der Bühne, wo die Band sich niedergelassen hat. Jetzt werfen die Scheinwerfer einen einzigen Spot in der Kulisse. Im Mittelpunkt ein Junge, der auf Spanisch singt. Man staunt nicht schlecht. Für die Eröffnung der Show wurde bei diesem Lied auf den großen Sound der begleitenden Instrumente verzichtet. Dafür liegt der Fokus auf der Stimme des jungen Mannes, der mit seinem Stimmumfang bis in komplexe Höhen kommt. Das Ergebnis: Ein Auftakt voller Nervenkitzel. Großer Applaus für die große Stimme.

Hoch hängt nun die Latte, doch der Flow des weiteren Programms fügt sich nahtlos ein. Neben einem harmonischen Gesang, der zum Träumen einlädt, heizt auch die Perkussionsgruppe ein. Das Publikum ist begeistert, die Energie reißt mit!

Eines fällt auf: Einige tun sich nicht so leicht damit die Publikumstribüne zu verlassen und bleiben brav auf ihren Plätzen sitzen. Ein Gedanke, den man jetzt mehrfach interpretieren könnte und der mich während der Pause ins Grübeln bringt. Doch schnell lassen sich die trüben Gedankenschnipsel vertreiben - Leute & Meute sind bei bester Laune! Nach einer kleinen Snackpause geht es auch schon weiter.

Nicht nur Gesang oder Beats, auch körperlicher Einsatz ist gefragt. Plötzlich steht die gesamte Gruppe um einen herum und singt sich die Kehle aus dem Leib. Oder die Violinist*innen schwärmen umher, um danach ein Stück zu spielen. Und man steht einfach staunend mitten im Geschehen. Rap und Beatbox dürfen natürlich nicht fehlen - bemerkenswert ist das Selbstbewusstsein, mit dem die jungen Menschen performen. Offen zu den Zuschauer*innen gewandt, stört sich niemand an der kleinen Kamera, die hin und her schwirrt und die Aufzeichnungen der Gesichter auf eine große Leinwand projiziert. Auch viele Lichteffekte, sowie vorproduzierte Videoaufnahmen werden auf den Leinentüchern, die von der Decke herabhängen, präsentiert.

Das Highlight schlechthin: Der Monolog eines Migranten, über Heimat- und Identitätsfindung. Der Raum bleibt dunkel, gebannt hört man zu. Es wird einem bewusst, welchen Druck und welche Spannung die politischen Konflikte, über die wir aus den Nachrichten erfahren auf die Menschen und ihre Familien ausüben. Umso schöner ist es zu erkennen, wie das kleine Festival COMMON SOUND mit Hilfe der kulturellen Diversität seiner Künstler*innen einen gemeinsamen Nenner findet. Und wie die Liebe zur Musik die Zweifel bricht und dadurch Grenzen überwindet.

In diesem Sinne tobt im Anschluss der Beifall des Publikums, als sich alle Beteiligten an den Händen fassen und stolz unter anerkennenden Pfiffen verbeugen. Geschafft ist das Spektakel! Fix und fertig blicken die tüchtigen Teilnehmer*innen ihrer Familie, ihren Freunden und Bekannten entgegen, bevor sie ihnen freudig um den Hals fallen. Auch die Coaches sind glücklich und zufrieden und umarmen ihre Schüler. An diesem Abend ist alles genauso verlaufen, wie es sein sollte - mit viel Wärme, Akzeptanz, Faszination und mutiger Zuversicht. Auf in eine starke gemeinschaftliche Zukunft!

Endgame COMMON SOUND - jetzt wird gefeiert!

DJ, leg die Platte auf!

In diesem Sinne: Bis zum nächsten Event, oh du buntes Berlin!

COMMON SOUND ist ein Projekt der Jungen Deutschen Oper Berlin in Kooperation mit den Interkulturanstalten Westend e. V. und der Global Music School.

COMMON SOUND wird gefördert durch „Zur Bühne“, das Förderprogramm des Deutschen Bühnenvereins im Rahmen von „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“.

Die Junge Deutsche Oper wird gefördert von der Karl Schlecht Stiftung.

Die Redaktion Jup! Berlin bedankt sich herzlich bei allen Mitwirkenden der Jungen Deutschen Oper, Teilnehmenden, Workshop-Leite*innen und den Projektkoordinatorinnen Tamara Schmidt und Kristina Stang für die offene Bereitschaft und die Beteiligung an dem Projekt und gratuliert allen zu dem gelungenen Ergebnis.