
Depression und Burnout - zwei recht schwer belastete Begriffe, die tief sitzen. So tief, dass man gar nicht mal so richtig weiß, wie man damit umgehen soll. Nicht zuletzt kann eine chronische Dauerbelastung der seelischen Gesundheit schaden und potentiell zu Suizid führen. Viele kneifen bei diesen trüben Gedanken nicht selten beide Augen zu, sei es persönlich, beruflich oder gar kulturell bedingt. Und das mit schwerwiegenden Folgen: Denn wir alle tragen dazu bei, für uns und unsere Mitmenschen ein gesundes Umfeld zu schaffen. Eine solide Grundlage, um qualitativ gute Lebensbedingungen zu schaffen. Über solch ein komplexes Problem nicht zu sprechen, beeinflusst also indirekt jedes Leben.
Doch nicht immer lässt sich das Problem so einfach in Worte fassen. Auch in einer recht modernen und gut entwickelten Gesellschaft wie unserer, bleiben viele Vorurteile und Bedenken an Themen wie “psychische Störungen” haften. Oftmals sind einige bestimmte Bezeichnungen, allen voran der berühmte Vorreiter “Depression”, stark stigmatisiert. Antriebslosigkeit oder Leistungsunfähigkeit, das will ja nicht unbedingt jede*r auf die Stirn geschrieben bekommen. Da ist es natürlich verständlich, dass der ein oder andere innehält und es sich doch noch einmal mehr überlegt, ob man sich zu seiner Gemütslage äußern möchte oder nicht.
Fakt bleibt: Es ist natürlich jedem Menschen selbst überlassen, welche Entscheidungen man treffen möchte. Doch es bleibt auch zu sagen: Jene, die sich dem Thema stellen und es nicht mehr in sich vergraben möchten, gehen mit der Selbsterkenntnis einen großen und sehr mutigen Schritt. Denn gerade weil uns scheinbar immer Paroli gegeben wird, nicht die Hasenohren hängen zu lassen - keine*r von uns hat Superkräfte. Wir sind Menschen, und es kann auch mal bergab gehen. Und ja: Das gilt auch dann, wenn es mal eine längere Achterbahnfahrt ist.
Wer erstmal in die Gleisen einer gedrückten Stimmung geraten ist, der wird wohl ahnen, dass es nicht Ohne ist. Das Tempo steigt an, und ehe man sich versieht, rauscht man am Leben vorbei. Doch damit das nicht passieren kann, kommt es auf ein paar bestimmte Sachen besonders an.
Prävention & Postvention
Wer bereits in eine entsprechende Stimmungslage geraten ist, bei dem gilt natürlich eine gute Nachsorge (Postvention), die einhergehend ist mit einer optimale Vorsorge (Prävention) - für sich selbst und die nächste Krise, denn die wird das Leben garantiert für alle von uns regelmäßig parat haben. Aber es zeigt sich auch, dass wir durch mehr Sorgfalt im Umgang mit uns selbst auch offene Augen für die Konflikte anderer entwickeln. Was zählt, ist die fortlaufende gegenseitige Unterstützung durch zwischenmenschliche Beziehungen.
Genau bei dieser eigenen kleinen Weltphilosophie der Achtsamkeit setzt kein geringerer als Klaus Bernhardt an. Früher noch Wissenschafts- und Medizinjournalist, ist er heute Heilpraktiker für Psychotherapie und Gründer des Instituts für moderne Psychotherapie. Der ein oder andere Leseratte, die durch die Buchhandlungen - groß und klein - umher huscht, wird der Name ein Begriff sein: Bereits 2017 machte sich Bernhardt mit “Panikattacken und andere Angststörungen loswerden: Wie die Hirnforschung hilft, Angst und Panik für immer zu besiegen” einen Namen. Seine Debüt-Fachlektüre über alltägliche und praktische Methoden zur effektiven Behandlung von Angsterscheinungen kletterte auf die Nummer eins als SPIEGEL-Bestseller und hielt sich dort wochenlang. Doch neben seinem Expertise-Gebiet weiß Bernhardt lösungsorientiert und herausfordernd weiterzudenken und konfrontativ auf die nächsten Schritte einzugehen. Mit “Depression und Burnout loswerden: Wie seelische Tiefs wirklich entstehen und was Sie dagegen tun können” geht er diese nächsten Schritte. Ganz nach dem Motto “Das Problem bei den Wurzeln anpacken!” führt er auch in diesem Werk das Prinzip der Ursachen-Bekämpfung voran.
Keine Scheu vor Ehrlichkeit: Klaus Bernhardt weiß, wovon er spricht. Er litt selbst unter einer schweren Depression als junger Mann. Auch er hatte eine leichte Burnout-Phase im Alter von 41 Jahren. So weiß er, der/die Lesende(n) in die Thematik einzuführen. Nicht zu pathetisch, sondern vollkommen ehrlich kritisiert und hinterfragt er die herkömmlichen Methoden in der Praxisanwendung. Und so fordert er jeden auf, ein Stück mitzudenken.
Ein wesentlicher Punkt, der dabei nicht untergeht: Wie effektiv sind denn nun Psychotherapie oder insbesondere medikamentöse Behandlungen? Bernhardt warnt: Das eine verhält sich nicht immer gleich zum anderen. Was in einem menschlichen Organismus wirkt, muss nicht zwangsläufig positive Resultate in einem anderen hervorrufen.
Körper + Geist = Rundum-System
Wir tendieren ja nicht selten dazu, strikte Grenzen zu ziehen und vieles in unserem Leben zu generalisieren, um klare Strukturen zu bewahren. Sei es die Organisation in unserem Arbeitsalltag oder Selfcare-Management - wenn es auf die perfekte Work-Life-Balance ankommt, kategorisieren und definieren wir, was das Zeug hält. Auch bei unserer Gesundheit geht es uns da nicht sonderlich anders. Es starrt einem eine Werbung nach der anderen ins Gesicht. Wenn der Kopf brummt, gibt es dutzende Möglichkeiten an Tabletten… alles parat, alles vorhanden, alles “abrufbar”. Aber: Brauchen wir das denn immer wirklich?
Auch in Hinsicht auf psychische Krankenheitserscheinungen werden wir im Fachbuch von Klaus Bernhardt nochmal ausdrücklich geschult: Kopfsache ist Körpersache. Das Gehirn ist “ziemlich legitimer” Teil des Körpers. Der Author weist darauf hin, dass negatives Denken und Erleben die Neuroplastizität, also die funktionalen Prozesse im Gehirn, mit der Zeit verändern. Deswegen führen unter anderem auch ständige psychische Belastungen nicht selten zu körperlichen Erkrankungen (z.B. in der Immunologie), welche meist keine kompletten Heilungsmöglichkeiten vorhersehen und ebenfalls von chronischer Natur sind.
Ein Teufelskreis, bei dem höchste Vorsicht geboten ist. Da darf schlicht und ergreifend nicht irgendwie “herum geschraubt” werden. Da Verstand und Körper stark verbunden sind, vermutet Bernhardt in seinem Buch vor allem eine gar nicht mal so unnatürliche Reaktion des Körpers auf Mangelerscheinungen und Stresssituationen.Genau an diesen Stellen sollen Behandlungsmöglichkeiten angesetzt werden.
Der Job Ihrer Psyche ist es, Sie zu beschützen!
Kopf und Körper gehen also Hand in Hand. Was bedeutet es also, wenn man eine Krise hat und einem alles zu Kopf steigt? Ganz einfach: Es blinkt ein Warnsystem auf. Wo man eher das Gefühl hat, dass man nicht mehr kann und komplett fix und fertig ist, passiert hier was Goldrichtiges - auch wenn das erstmal einem nicht lieb ist zu hören. Keine Frage, keiner suhlt sich gerne im Schlamm der unangenehmen Emotionen rum. Doch wenn beispielsweise bei euch erstmal die eine oder andere Träne über die Wange kullert, signalisiert der Körper, dass etwas nicht stimmt. Die Tränen kommen ja nicht von irgendwoher - sondern wurden von den eigenen Tränendrüsen produziert. So klein die Analogie erscheint, das Prinzip steht: Auch hierbei ist es eine Frage der Körperfunktion. Der eigene Körper ist freilich nicht ein Feindbild. Im Gegenteil: Es ist eher wie ein Freund unserer Selbst. Wenn er etwas Gutes für uns will, kann auch mal “geschimpft” und “rumort” werden. Nervt vielleicht mal - im wahrsten Sinne des Wortes - passiert aber am Ende des Tages alles nur zugute unserer Gesundheit.
Diese Idee, dies erstmal zu verstehen, bringt uns an einen ausschlaggebenden Punkt von “Depression und Burnout loswerden”. Wie es der Titel verrät, muss man ja zunächst nachvollziehen können, auf welcher Grundlage man arbeitet, um Erfolge erzielen zu können. “Erfolg” auf anderem Wege: Stress sollte man möglichst nicht mit Stress begegnen. Deswegen weist der Autor ausdrücklich darauf hin - routiniert, aber ohne Druck - täglich und über einem unbegrenzten Zeitraum hinweg Motivationstraining zu leisten. Und auch das Wort “Leistung” soll in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung gewinnen - es geht weniger ums spröde Machen als mehr ums Schaffen. Klaus Bernhardt weiß: Es sind die ungünstige Dialoge und Denkfehler, die uns zu einem ungesunden Perfektionismus antreiben. Diese sind Zündstoff für Depression und Burnout.
Unterschied Depression & Burnout: Klein, aber fein
Depression und Burnout werden oft in einem Atemzug ausgesprochen, aber tatsächlich handelt es sich im Grunde genommen um zwei unterschiedliche Beschwerden - auch wenn natürlich das eine nicht das andere ausschließt und dabei viele Gemeinsamkeiten vorliegen. Früher noch als Modebegriff für Depression verstanden, geht es bei Burnout regelrecht (wie es der Name schon verrät) um das Gefühl des “Ausgebranntseins”, ausgelöst durch Faktoren im Arbeitsumfeld bzw. in der Arbeit. Der andauernder Stress und ein Gefühl der Überforderung führen zur völligen Erschöpfung. Dass das schnell aus den Fugen geraten kann und zur Arbeitsunfähigkeit oder gar Selbstmord führen kann, zeigt - mit Überschneidungen zur Depression - in welchem gefährlichen, doch zunächst unscheinbaren Maße diese schwierige Krise ihren Verlauf nehmen kann.
Denn auch Depression ist durch Symptome gekennzeichnet, die man bei einem emotionalen Ausnahmezustand im Arbeitsalltag wiedererkennen könnte: Konzentrationsmangel, Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Antriebslosigkeit… die Liste ist lang. Macht dann auch schon Sinn, wenn der Körper einfach nicht mehr kann und dann “Schicht im Schacht” ist.
Alles eine Frage der Sichtweise
In jedem Falle ist höchste Vorsicht geboten. Schnell machen wir unsere Probleme klein, wollen einfach weiter funktionieren.“ Eine Aufgabe muss ja dann doch erledigt werden”... Aber wenn die Klappe erstmal zuhaut, dann ist Schluss mit lustig. Oft entwickelt sich unsere Gesundheitszustand in Begleitung mit jener Symptomatik sogar sehr schleichend, bis wir komplett zusammenklappen.
Fast schon ein Katz und Maus-Spiel laut Klaus Bernhardt, will man doch stets zuverlässig bleiben und solide performen können. Ob tüchtiger Workaholic oder nicht, irgendwie möchten wir doch alle gut und stabil sein in dem, was wir tun - oder? Achtung, verzettelt euch da mal nicht zu schnell: Kurzfristig kann man sicherlich durchpowern, aber auf Dauer wird das so nichts. Dabei ist es egal, ob man “nur” Burnout oder durch andere persönliche Gründe Depression erfährt. Vorteilhaft ist es für niemanden. Für keinen Unternehmen, dass eine Arbeitskraft verliert und vor allem nicht für die Betroffenen.
In dieser Hinsicht versucht der Fachexperte im Buch einen klaren Fokus auf das Überdenken der eigenen Glaubenssätze zu legen. Das Abschaffen von Blockaden soll dabei helfen, das eigene Potential zu entfalten und viel mehr Chancen um sich herum wahrnehmen zu können. Zentral bei diesem Gedankenkonstrukt ist das, was Klaus Bernhardt als “Refraiming” bezeichnet; die Lage einer Situation oder eines Problems durch Umkehrung neu zu interpretieren. Auch hier argumentiert der Heilpraktiker nicht zu matt, sondern stellt das Prinzip grundsätzlich relevanten Persönlichkeitsstrukturen entgegen. Somit können die Lesenden eine gute Vorstellung davon gewinnen, in welchen Bezug man mit der eigenen Denkweise zu Problemen steht - und wie man diese ausbauen kann.
Bessere Fragestellungen, bessere Antworten
Natürlich möchte ich inhaltlich nicht alles vorweg nehmen. Aber so viel sei gesagt: Gepaart mit weiteren spannenden Einsichten und eine sehr lange und ausführlichen Liste an Tipps, Tricks und Fakten zu Körper, Lebensweise und der eigenen inneren Einstellung, zeichnet sich dieses Kompendium durch seine Einfachheit aus.
Klaus Bernhardt belehrt nicht die Welt mit neuen, bahnbrechenden Ideen - sondern führt uns zu dem zurück, was wirklich zählt. Etwas, was wir scheinbar in unserer hektischen Welt schnell vergessen: Achtsamkeit durch Fairness uns selbst gegenüber. Es gibt immer ein Tool - und wenn es auch nur ein einziger Grundgedanke in unserem Mindset ist - für die Konfrontation mit unserer eigenen Konflikten. Schließlich liegt darin die Wahrheit: Wer nach besseren Antworten sucht, sollte die richtige Fragen stellen. Und nur über diese Wege werden wir zu guten Lösungen geführt.

Buchtitel: Depression und Burnout loswerden
Verfasser: Klaus Bernhardt
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Ariston
ISBN-Nr.: 978-3-424-202052