Die Serienmacher

am 15.12.2015

Serien bewegen uns, egal ob im Fernsehen oder bei Online-Streaming-Diensten. Im Gespräch mit Ernst Feiler (Technischer Leiter, UFA Serial Drama) sprechen wir über das Rezept für gute Serien, die Konkurrenz durch On-Demand und den technischen Wandel im Medienbereich.

 

Was ist das Besondere an der Produktion von Serien?

Bei normalen narrativen Einzelstücken, sprich Spielfilmen, fügen sich Teams wie bei einem 100 Meter- Lauf kurz zusammen, geben alles und stürzen hechelnd ins Ziel, aber verstreuen sich danach in alle Winde. Bei Serien ist das ein ganzes Stück anders, weil man über eine längere Dauer Zeit miteinander verbringt. Das führt dazu, dass man sich anders organisiert und manchmal auch anders verhält, weil man viel stärker und länger auf einander angewiesen ist. Und deswegen machen Serien Produktionen von Serien sehr viel Spaß.

Gibt es ein Geheimnis für gute und erfolgreiche Serien?

Wenn es das geben würde, wäre es wie das Cola-Rezept - die Lizenz zum Gelddrucken. Man sieht ja, dass es das nicht gibt, sonst würde nicht so viel schief gehen. Das ist auch kein deutsches Problem, sondern ein globales. Das einzige Geheimnis, das ich preisgeben würde, ist: Es muss sich ein hervorragendes Team mit viel Leidenschaft bilden, das an seine Sache glaubt. Dann hat es eine Chance.

Man bekommt das Gefühl, dass US-Amerikanische Serien meistens erfolgreich sind und deutsche Produktionen oft Probleme haben. Auch in den Medien wird das so dargestellt. Stimmt das eigentlich?

Das ist Großteils eine Unkenntnis der Marktmechanismen. Man muss zwei Dinge völlig auseinander halten. Zum einen sehen wir nur das Erfolgreiche aus den USA. Das ist wie die Spitze eines Eisbergs. Die anderen 90% sehen wir gar nicht. Und zweitens, wenn wir mal in die Richtung von „Game of Thrones“ oder „House of Cards“ gehen, sieht man dort ein völlig anderes Geschäftsmodell. Deren Geschäftsmodell ist, eine Nische zu bedienen. Weil es ein Programm für ein spitzes Publikum ist, wird es als gut empfunden. Es ist nur wirtschaftlich erfolgreich, weil dieser spitze Markt global gesehen viel größer ist als der deutsche Markt. Deutsche Serien für deutsche Sender müssen ein viel breiteres Publikum erreichen und müssen viel breiter erzählt sein, um wirtschaftliche Relevanz zu erzeugen. Da werden häufig Äpfel mit Birnen verglichen, auch von der Fachpresse. Wir sind viel besser, als die Presse es suggeriert.

Wie gehen Sie mit einem Flop um? Als Beispiel fällt mir das die Serie „Mila“ ein, die auch von der UFA Serial Drama produziert wurde.

„Mila“ war aus unserem Blickwinkel, was Produktionstechnologie betrifft, hervorragend aufgestellt und sehr erfolgreich. Dass es vom deutschen Publikum nicht angenommen wurde, ist jetzt noch ein anderes Thema, bei dem man sehr viel über das Verhältnis zwischen Auftrag gebenden Sender und ausführendem Produzenten sagen kann. Wir als Produzent habe die Lehre daraus gezogen, dass wir viel egoistischer werden müssen und unsere Chefautoren ihre Ideen stärker verteidigen. In Amerika ist das „Showrunner-Prinzip“ sehr beliebt. Dort steht der Autor jeden Tag mit am Set und der Regisseur und der Sender müssen erst den Autoren fragen, wenn sie an der Originalidee etwas ändern möchten. Das ist ein ganz anderes Kräfteverhältnis als in Deutschland. Außerdem sind wir der Meinung, dass der deutsche Markt sich genauso internationalisieren muss wie alle anderen Märkte auch. Das tun wir gerade massiv und die Serie „Deutschland 83“ ist ein gutes Beispiel dafür.

Welche Rolle spielt die Technik bei der Umsetzung von Ideen?

Technologie und Inhalt lassen sich spätestens seit „Herr der Ringe“ nicht mehr auseinander bringen. Die Ansprüche werden immer höher. Die Technologie ist seit „Herr der Ringe“ und „Matrix“ in der Lage, jedes Bild im Kopf eines Autors zu realisieren. Die Frage: „Geht es oder geht es nicht?“, wie in den ersten 100 Jahren Filmgeschichte stellt sich nicht mehr. Die Antwort heute lautet immer: „Natürlich geht es!“Technologie ist mittlerweile für Autoren ein „Möglichmacher“ und nicht mehr ein Flaschenhals. Deswegen sitze ich auf dem Autorenflur und nirgendwo anders. So kann ich ihnen sagen, was es schon wieder Neues auf dem Markt gibt, was ihnen hilft ihre Geschichten zu realisieren. Wir sind jetzt in einer Zeit, in der schlicht weg alles möglich ist. Es ist nur eine Frage von Intelligenz, vorherigen Verabredungen und in wie weit das Budget trägt.

Wir erleben gerade den Wandel vom normalen Fernsehprogramm zum Video-on-Demand. Also: „Ich schaue das, wann ich möchte!“ Wie beurteilen Sie aus Produzentensicht diese Entwicklung?

Die Entwicklung ist großartig. Am Ende ist es so, dass die Geschichte der Medien zeigt, dass nichts das andere ersetzt, sondern immer nur etwas dazukommt. Es ist immer ein „und“, auch wenn die Presse vom „Tod des Fernsehens“ spricht. Das ist Blödsinn. Es zeigen alle Prognosen, dass das klassische Fernsehen auch die nächsten zehn Jahre noch weiter existieren wird und bei weitem nicht untergeht. Für uns Produzenten kommt eine neue Möglichkeit dazu, unsere Geschichten zu präsentieren.

Was passiert aus Ihrer Sicht in den nächsten fünf Jahren technisch bei der Produktion und der Ausstrahlung?

Schauen wir mal in die letzten fünf Jahre: Da war die Kameraentwicklung oder genauer gesagt die Entwicklung der Kamerachips ein fantastischer Treiber, um völlig neue Dinge in einer neuen Qualität zu ermöglichen. Bei uns gibt es keine Serie mehr, die nicht in Kinoqualität produziert wird. In den nächsten Jahren wird das im Zuge von 4K beziehungsweise UHD für alle anderen Programme zur Verfügung stehen. Gerade bei großen Shows werden 4K und die neuen Kameras eine Qualitätsoffensive auslösen, weil die Kameras so gut sind, dass ganz neue Lichtkonzepte und (Show-)Acts möglich werden. Zum Beispiel eine Feuerperfomance sieht vor klassischen Studiokameras eher bescheiden aus. Das nächste große Hypethema ist Virtual-Reality (VR). Jeder, der etwas auf sich hält, macht jetzt schon ein 360° Video. Da freuen wir Geschichtenerzähler uns erst Recht, wenn die ganzen VR-Brillen auf den Markt kommen, denn die brauchen alle intelligenten Inhalt. Wir fühlen uns da sehr wohl und sind gut aufgestellt. Es ist nichts, was Kino oder Fernsehen ersetzt. Es wird eine Mischform sein und es werden viele neue Medienformen entstehen. Die nächsten fünf Jahre werden noch bewegter, als es die letzten schon waren.

Worauf liegt im Moment ihr Hauptaugenmerk als Technischer Leiter der UFA Serial Drama?

Ich beschäftige mich im Moment intensiv mit dem Thema 4K/UHD, weil RTL das auch schon als Meilenstein auf dem Fahrplan hat. Das zweite große Thema, mein Lieblingsthema, ist die sogenannte „Cloud-Production“. In der idealen Welt ist es so, dass das aufnehmende Medium, ob Smartphone oder Kamera, die Daten gleich in eine Cloud schickt und dort sie für weitere Bearbeitung zur Verfügung stehen. „Cloud-Production“ wird die nächste Welle sein, mit der wir viel schneller und effizienter mit den Menschen kollaborativ, also im Team, arbeiten können. Kollaborativ ist das Zauberwort. Es werden nicht weniger Menschen von Nöten sein, aber die die nötig sind, können viel flexibler arbeiten.

Ernst Feiler

Beruf: Technischer Leiter (Head of Technology) bei UFA Serial Drama (u.a. GZSZ, Alles was zählt)

Ausbildung: Bildtechniker (Schule für Rundfunktechnik in Nürnberg)

Studium: Regie und Dramaturgie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin

4K / UHD

Unter 4K und UHD  (Ultra Highdefinition) versteht man Bildauflösungen. 4K hat viermal mehr Bildpunkte, sogenannte Pixel, als normales HD. 4K und UHD werden oft synonym verwendet, aber genau genommen ist UHD der Überbegriff und beinhaltet die Bildauflösungen 4K und 8K. Bei 8K ist die Pixelzahl sogar sechzehnmal so groß.

Virtual Reality (virtuelle Realität)

Virtual Reality, abgekürzt VR, bezeichnet die Darstellung und Wahrnehmung der Wirklichkeit in einer virtuellen Welt. Seit kurzem sind die ersten VR-Brillen für den Endverbraucher erhältlich. Mit ihnen ist es mögliche die virtuelle Welt zu erleben.