„Faul sind Abgeordnete nicht!“

am 21.12.2015

Wir haben den Bundestagsabgeordneten Dr. Hendrik Hoppenstedt getroffen und mit ihm über seinen Weg zum Abgeordneten, seinen Alltag und über das oft leere Plenum gesprochen.

Wie sind Sie zum Bundestagsabgeordneten geworden?

Zunächst hatte ich mich viele Jahre in der CDU engagiert. Weil ich politisch konkret etwas vor Ort bewegen wollte, habe ich im Jahr 2005 bei den Bürgermeisterwahlen in Burgwedel kandidiert und wurde gewählt. Neun Jahre lang war ich sehr gerne Bürgermeister meiner Heimatstadt. Für die Bundestagswahl 2013 wurde dann ein Kandidat für den Wahlkreis Hannover-Land I gesucht. Weil ich eine Chance gesehen habe, nach 15 Jahren endlich wieder das Direktmandat für die CDU zu holen und die Interessen des Wahlkreises in Berlin zu vertreten, habe ich kandidiert und bin auch direkt reingekommen. Seit Oktober 2013 bin ich nun direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für die gesamte nördliche Region Hannover.

Wie sieht der Abgeordnetenalltag im Wahlkreis und in Berlin aus?

Im Wahlkreis bin ich viel unterwegs. Man informiert sich in vor allem in den Bereichen, die gerade in der Gesetzgebung sind. Wenn z.B. gerade über ein Pflegegesetz diskutiert wird, istes sinnvoll ein Pflegeheim zu besuchen und zu sehen, ob der Gesetzesentwurf auch aus Praxissicht tauglich ist. Im Wahlkreis geht es auch darum, zu erläutern, was in Berlin passiert. Umgekehrt nehme ich die Rückmeldungen aus dem Wahlkreis mit nach Berlin. Diese Rückkopplung ist mir wichtig.

In Berlin mache ich montags immer zuerst die Post und am Abend gibt es ein Treffen aller CDU-Abgeordneten aus Niedersachsen, die sogenannte Landesgruppe. Dort wird besprochen, was in dieser Woche aus niedersächsischer Sicht wichtig ist und wir tauschen uns darüber aus, welche Anliegen aus den Wahlkreisen an uns herangetragen wurden. Dienstags tagen die fraktionsinternen Gremien und beraten alle Themen, die in dieser Woche anstehen. Morgens treffe ich mich in der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz mit den Fraktionskollegen, die auch in diesem Ausschuss sitzen und nachmittagsist dann dieFraktionssitzung. Am Mittwoch finden vormittags die Ausschusssitzungen statt, die am Dienstag vorbereitet worden sind. Nachmittags findet im Plenum die Regierungsbefragung statt. Donnerstag und Freitag sind Plenumstage. Daneben nutze ich die Zeit in Berlin auch dazu, mit Verbänden und Institutionen zu sprechen.

Oft ist der Bundestag bei Plenumssitzungen ziemlich leer. Warum ist das eigentlich so?

Das Spektrum der Bundesgesetzgebung ist derartig riesig, dass man ehrlich zugeben muss, dass kein Abgeordneter allein alle Gesetze, die im Deutschen Bundestag verabschiedet werden, durchdringen kann. Um die Arbeit zu bewältigen ist das Parlament arbeitsteilig organisiert. Wir Abgeordnete müssen uns spezialisieren. Dasmachen wir über die Arbeitsgemeinschaften in den Fraktionen und die Ausschüsse, in denen es für jedes Themenfeld einen Berichterstatter gibt. Abgesehen von Generaldebatten beispielsweise zu Regierungserklärungen oder der Aussprache zum Haushalt der Bundeskanzlerin, bei denen das Plenum komplett voll ist, sind meistens nur die jeweiligen Fachpolitiker im Plenum.

Die Zeit, in der man nicht im Plenum sitzt, nutzt man für verschiedene Termine, wie Berichterstattergespräche, Gespräche mit Journalisten, um Reden vorzubereiten, Telefonate zu führen und so weiter. Von allerspätestens morgens um 9, häufig früher, bis abends 22/23 Uhr gibt es Termine. Ich kann jeden beruhigen, der sich über ein leeres Plenum wundert: „Faul sind Abgeordnete nicht!“

Wie gehen Sie mit Stress um und wie bauen Sie ihn ab?

Ich mache meine Arbeit gerne und weiß, dass die Branche, in der ich nun seit 12 Jahrentätig bin, zeitlich eine große Beanspruchung bedeutet. Aber mir macht das Spaß und ich möchte nichts anderes machen. Bei Stress und gelegentlicher Frustration, kann ich mit Laufen eine Menge abbauen.

Was liegt Ihnen am Abgeordnetensein?

Insgesamt gibt es eine sehr große Bandbreite an Themen, die wir beackern. Diese Themenvielfalt politisch zu verantworten macht mir Spaß. Ob ich mich im Wahlkreis darüber austausche oder auf Veranstaltungen erkläre, was man in Berlin macht, ist etwas, das ich gerne mache. Ich habe gerne etwas mit Leuten zu tun habe und mag es, politisch zu debattieren, gerne auch streitig.

Wie erklären Sie Ihren Wählern, dass Sie ein Wahlversprechen nicht einhalten können oder Kompromisse eingehen müssen?

Ich arbeite dafür, dass ich alle meine Wahlversprechen einhalten kann. Das ist auch eine ganz wichtige Sache, weil sonst meine Glaubwürdigkeit als Politiker leidet. Das aber ist der Hauptkredit eines Politikers. Ansonsten können Sie es relativ einfach erklären: Es gibt manchmal unvorhersehbare Tatsachen, die sich entwickelt haben und die nicht wegzudiskutieren sind. Da die Union nicht über die absolute Mehrheit verfügt, müssen wir uns mit unserem Koalitionspartner einigen. Schließlich haben neben dem Bundestag auch die Länder im Bundesrat ein wichtiges Wort bei der Gesetzgebung mitzureden. Am Ende kommt dann als Kompromiss ein Gesetz raus, das nicht 100-prozentig dem entspricht, was CDU und CSU allein beschlossen hätten, aber immer auch die Handschrift der Union trägt.

Was glauben Sie, welche Schritte muss Deutschland gehen, um die Flüchtlingsproblematik in den Griff zu bekommen?

Ich glaube, dass es keine schnelle Lösung geben wird. Es kommen hier fast täglich 6.000 bis 9.000 Flüchtlinge an. Wir haben uns darauf verständigt, dass die Menschen, die schutzbedürftig sind oder Schutz suchen, hier eine temporäre Bleibe erhalten. Klar ist aber auch, dass Menschen, die nicht schutzbedürftig sind, wieder raus müssen. Am Ende wird der Hauptschwerpunkt darauf liegen, Fluchtursachen zu bekämpfen.

Es wird eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen sein, die in der Summe nach einer bestimmten Zeit wirken, so auch die Beschleunigung des Asylverfahrens. Wir hätten damit besser vor einem halben bis dreiviertel Jahr anfangen müssen, aber so ist Politik.

Zum Schluss beenden Sie bitte folgenden Satz: „Nach der nächsten Bundestagswahl 2017 werde ich,...“

wenn es gut läuft, wieder Abgeordneter des Deutschen Bundestags sein!

Dr. Hendrik Hoppenstedt, CDU

  • Seit September 2013 Bundestagsabgeordneter
  • Vorher Bürgermeister in Burgwedel, Region Hannover
  • Doktor der Rechtswissenschaften