Eine Diskussionsrunde zum Thema Demokratiebildung und Partizipation an Schulen
Stell dir mal vor, es gibt etwas, was dich so richtig stört. Etwas, bei dem du am liebsten sofort etwas ändern möchtest. Von heute auf morgen ist so eine Veränderung nicht einfach, aber: Deine Stimme macht den Unterschied. Denn zusammen mit anderen kann ein umfassendes Stimmungsbild geschaffen werden, um Veränderungsprozesse anzustoßen.
Meinungen sind vielfältig und leben von der Dynamik eben dieser Diversität - nur so kann ein Diskurs zustande kommen und auf Augenhöhe ein Austausch stattfinden. Wichtig für diese unterschiedlichen Meinungen vieler verschiedener Menschen innerhalb einer Gesellschaft ist die Demokratie. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „die Macht des Volkes“. Der Ursprung des Wortes steht sinnbildlich für die Idee eines komplexen Stimmorgans, bei dem die Gesamtheit aller Meinungen übergeordnet eine entscheidende Rolle spielt.
In einer Diskussionsrunde des diesjährigen Berliner jugendFORUMS wird heiß diskutiert und vehement nachgehakt: Wo fängt eine Meinung eigentlich an? Wo beginnt sich eine einzelne Stimme herauszubilden? Ganz genau: In der Schule. Nirgendwo sonst wandelt sich eine Persönlichkeit so sehr wie hier: Von der Vorschule bis hin zum Abitur wächst, „gedeiht“ man in seiner Einzigartigkeit und lernt Freund*innen und Erfahrungen fürs Leben kennen. Diese Erfahrungen sind entscheidend - genauso entscheidend wie die Potentiale, Chancen und Möglichkeiten für die Schüler*innenschaft, etwas für ihr und das Leben anderer mitbestimmen zu können.
Mitmischen - also so richtig mal die eigene Meinung sagen. Genau diese partizipative Stimmpräsenz soll an Schulen fundamentaler Bestandteil werden. Doch wie sehr spielt sich Demokratie und die Durchsetzung von aktiver Beteiligung denn nun wirklich in den eigenen Schulräumen ab? Wie relevant ist die eigene Stimme tatsächlich, wenn doch immer so viel von ihr gesprochen wird?
Lücken finden sich immer. Unter den Schüler*innen der Diskussionsrunden trifft man deshalb auch auf Kritik. Letztendlich läuft diese auf die (berechtigte) Frage hinaus: Wie sehr werden die eigenen Anliegen ernst genommen? Dass bei weitem noch nicht das gewünschte Maß an Beteiligung erreicht wurde, wird schnell klar.
Auf Nachfrage bei den Schüler*innen wird deutlich, dass die Bedürfnisse und Gedanken der Einzelnen nicht wirklich durch die Schüler*innenvertretung optimal vertreten bzw. repräsentiert werden. Auch in Bezug auf die Lehrer*innenschaft haben Jugendliche nicht immer den Eindruck, sich offen und ehrlich äußern zu können. Der Austausch ist teilweise zu unkonkret und indirekt, als dass wirklich im Sinne der Schulgemeinschaft und des gesellschaftspolitischen Engagements gemeinsam Lösungen für aktuelle Probleme oder Fragestellungen gefunden werden können. Im Gespräch unter den Teilnehmenden der Diskussionsrunde fragten sie deshalb ganz bewusst nach: Was genau bedeutet Demokratie und welche Assoziationen kommen dazu auf?
Eine geeignete Lösung kann die konkrete Vermittlung von Demokratie im Unterricht sein. Zum Beispiel in Form eines eigenen Faches oder einer Schulstunde pro Woche, die aktiv von den Lernenden gestaltet werden kann. Partizipation ist keine Alternative, sondern zentral in den Bildungswegen verankert sein und einen Zugang von allen und für alle ermöglichen. Noch eine gute Idee: Die Schüler*innen in einem festen Rahmen an demokratischen Projekten mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten (z.B. Projektfinanzierung) mitwirken zu lassen. Auch so wird eine gute Kommunikationsbasis etabliert und vor allem stabilisiert in der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Klassen und Verwaltungsapparaten. Erfahrung trifft auf Engagement und treibt somit das Wesentliche der Demokratie an: Wertschätzung, Respekt und Solidarität - quasi die Dreifaltigkeit der Meinungsfreiheit.
Man merkt: Meinungen gibt’s zu genüge, nur muss ihnen auch genug Raum gegeben werden. In einer Staatsform wie der unseren, der Demokratie, bei der uns das Recht der Meinungsäußerung zusteht, können und sollen uns die Wege zu mehr Mitbestimmung geebnet werden. Demokratie ist nicht nur eine Frage der hauseigenen Schulpolitik, sondern auch ein wichtiger Beitrag für einen selbstbestimmten Lebensstil und ein tolerantes Verständnis für sein Gegenüber. In diesem Sinne: Schule macht Zukunft - gibt den Kids ihre Stimme!
Dieser Text von Mara Grigorian ist im Rahmen des Berliner jugendFORUMs 2019 in der Media Lounge von jup! Berlin, Alex Berlin und Tagesspiegel Checkpoint entstanden.