Morgens nach dem Aufstehen, an der Bushaltestelle, im Bus, in der Schule, an der Uni oder auf der Arbeit, vor dem Einschlafen – Instagram begleitet Manche den ganzen Tag. Man wird überschüttet mit einer Welle an Posts, die einem zeigen, wie das vermeintlich beste Leben aussieht. Eine Welle an Luxus, Food-Porn und Werbung. Natürlich unterstützt mit einer Vielfalt an Hashtags - für neue Follower, für mehr Reichweite, für mehr Profit. „Influencer“ ist jetzt der neue Traumberuf der Jugend. Fotoshootings, Reisen, Luxus. Qualität und Tiefgründigkeit sind meistens nicht die Wörter, die die meisten mit Instagram verbinden. Diese Grenze wurde allerdings mit dem Instagram-Walk vom Grips Theater am Hansaplatz überwunden. Ins Leben gerufen von der FSJ-lerin Sophia, wurde die Aktion dieses Jahr das erste mal durchgeführt – und das mit Erfolg. Aber alles von Anfang.
Das Theater für Kinder und Jugendliche
Angekommen im bunten Foyer, bemalt durch die typischen Figuren des Theaters (von dem Bruder des Gründers), schlossen wir uns der kleinen Gruppe an. Schon hier haben wir mitbekommen, dass es kein gewöhnliches Theater ist, in dem schick angezogene Leute über irgendwelche Details in der Inszenierung fachsimpeln. Alltägliche Zuschauer und vor allem Kinder, die von der Handlung lernen sollen. An der sogenannten „Wall of Fame“ konnten wir mitverfolgen, wer alles in dem Theater spielt bzw. gespielt hat. Neben dem festen Ensemble sind aber auch Techniker*innen oder die Schneider*innen verewigt. Auch wurde uns erzählt, dass das Theater vom Gründer Volker Ludwig für Kinder und Jugendliche errichtet wurde, da Theater in den 60ern nur für Erwachsene zugänglich und verständlich war.
Anschließend wurde uns auch schon die Bühne für den Tag gezeigt- mit der aufgebauten Kulisse zu „Phantom (Ein Spiel)“. Durch die Bankreihen gehend, haben wir die Bühne in den unterschiedlichsten Perspektiven gesehen. Es war der erste Einblick und sollte der Oberflächigste bleiben.
Einmal Backstage sein…
Der nächste Raum war die Maske und wahrscheinlich ähnlich voll wie ein typischer Dachboden. Der erste Eindruck: Unordnung. Nach und nach wird der verschwommene Blick klarer, und es kommt ein System hervor. Jeder Schauspieler hat seinen eigenen Schuhkarton über der langen Spiegelwand – übrigens perfekt für ein Insta-Spiegelselfie. Der Karton dient dazu, den Darsteller*innen ihr Make-Up für ihre Rollen zusammenzuhalten, denn wenn man, wie im Stück „Linie 1“, bis zu neun Mal das Kostüm wechseln muss, kann schnell ein großes Durcheinander entstehen. Genug Kleidung für ein tägliches OOTD wäre in diesem Raum auch vorhanden. Das ist aber nichts im Vergleich zum Kostümfundus. So stellt man sich das Zimmer mit der Sammlung wie eines mit Produktplatzierungen von Vollzeit-Influencern vor: Ein riesiger begehbarer Kleiderschrank mit ordentlich viel, im ersten Moment unzusammenhängend erscheinenden, Krims Krams und Sachen, die mal übel gehyped wurden und jetzt keine Verwendung mehr finden. Oder wie ein Second-Hand-Paradies. Dieser lockere Flair blieb bis dahin erhalten, als wir auf der Technik-Brücke entlanglaufen durften.
Wer hat nicht schonmal zu den Scheinwerfern raufgeguckt, und wollte da hoch? Am Ende des hochgelegten Ganges steht ein großes Mischpult und ein Skript aus dem abendlichen Stück. Obwohl dieser Platz sehr ordentlich aussieht, der Schein trügt, herrscht ein gewaltiger Kabelsalat.
In der Theater-eigenen Schneiderei haben wir angefertigte Stücke gesehen, Pläne für kommende Stücke und natürlich viel Nähzeug. So vielfältig wie die Klamotten in dem Fundus, so verschieden waren hier Stoffe, Fäden und Accessoires. Ein buntes Farbenmeer. Etwas trostloser ist die dunkle Probebühne. Ein paar Requisiten aus jedem Stück, Bahnsitze, eine Leiter, ein Sixpack Bier. Es wirkte im Gesamtbild ein bisschen verlassen, abgekapselt vom lebendigen Rest des Theaters.
In dem zuletzt besuchten Lagerraum, gibt es die interessantesten Gegenstände. Schließlich wurden dort alle Bühnenbilder (inklusive Requisieten) der aktuellen 13 Stücke aufbewahrt. Es wurden extra künstliche Torten hergestellt und menschensgroße, bewegliche Pappaufsteller gebaut. Dazwischen ein elegantes, weißes Schlagzeug und viele Koffer, die aussahen, als hätte man sie aus der Kinderserie „Simsala-Grimm“ entwendet.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat, mal hinter die Kulissen eines Grips-Theaters zu sehen, von dem man sonst nur das fertige Endprodukt präsentiert bekommt. Auch der Anfang eines Stücks ist das Ende von langer, verborgener Arbeit. Zu diesem Ende ist es ein langer Prozess und beim nächsten mal werde ich auch auf die Details achten und sie wertschätzen zu wissen. Eine Sache ist mir schon aufgefallen: Das Grips-Theater ist kein normales Theater, in das vor allem ältere Leute und Deutschlehrer mit ihren Klassen gehen. Es ist ein lebendiges Theater. Zum Dabeisein, mitfühlen, nachvollziehen. Ein Theater, was auf das Verständnis der Jugend und der Kinder abzielt. Und meistens auch mitten ins Herz trifft.