#jufo 2021: Ausschuss Klima & Nachhaltigkeit - Berlin autofrei?

am 30.06.2021

Während des Berliner Jugendforum 2021 haben sich Jugendliche im Rahmen des Ausschusses „Klima und Nachhaltigkeit“ Gedanken darüber gemacht, wie Berlin in Zukunft ökologischer werden kann. Eine der Forderung, die von Jugendlichen im Ausschuss „Klima und Nachhaltigkeit“ gemeinsam erarbeitet wurde, ist - Die autofreie Stadt! -

Seit fast drei Jahren demonstrieren viele junge Menschen in Deutschland jeden Freitag im Rahmen von #Fridaysforfuture für eine bessere Klimapolitik. Das Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts hat ihnen Recht gegeben: PolitikerInnen müssen schon heute wirksame Maßnahmen für Klimaschutz ergreifen, damit sich künftige Generationen nicht zu viel einschränken müssen.

De facto ist die aktuelle Klimapolitik der Bundesregierung nicht mit dem 1,5 Grad Ziel aus dem Pariser Klima Abkommen konform. Deshalb braucht es laut Bundesverfassungsgericht und Aktivist*innen ehrgeizigere Klimaziele. Die CO2 Emissionen müssen sinken, da sind sich die meisten Politiker*innen einig. Doch an der Frage „Wie das geschehen soll?“, scheiden sich die Geister.

Verbote oder Anreize schaffen? Das ist die Frage, mit der sich Politiker*innen befassen. Vielleicht braucht es aber auch ein wirksames Zusammenspiel beider politischen Instrumente?

Andere Städte machen es vor, auch Berlin könnte autofrei werden

Zu möglichen Klimaschutz Maßnahmen, die in Berlin durch Anreize und Verbote durchgesetzt werden könnten, zählt zum Beispiel "Die autofreie Stadt".

Wenn es Prämien für die Benutzung des ÖPNV oder sogar gratis Tickets geben würde, könnten Autos dadurch teilweise verboten oder Parkgebühren stark erhöht werden. In anderen Städten ist das schon Realität.

In Berlin gibt es in jedem Bezirk öffentliche Verkehrsmittel und wenn man Stau umgehen möchte, ist es nicht nur ökologischer, wenn Menschen statt dem Auto die S-Bahn, U-Bahn oder Tram nutzen. Sondern tatsächlich spart man sich auch Zeit und hat weniger Stress. Für kurze Distanzen kann und sollte idealerweise natürlich auch das Fahrrad genutzt werden.

Dennoch ist es gerade in Außenbezirken oder im Umland teilweise schwierig und mühsam ohne Auto zu leben. Damit Berlin autofrei werden kann, muss der ÖPNV auch dort noch deutlich ausgebaut werden.

Wem gehört die Stadt? Den Autos? Oder ALLEN Menschen?

Fehlende Verbindungen mit den Öffis erschweren das Leben ohne Auto außerhalb des Stadtrings. Die Infrastruktur ist dort deshalb immer noch auf Autos fixiert. Anstatt jedoch weitere S-Bahn Linien auszubauen, um die Außenbezirke zu verbinden, wird die Stadtautobahn A100 in Berlin weiter ausgebaut. Es bräuchte also einen deutlichen Wandel in der Infrastruktur. Aber nicht nur dort. Auch gesetzlich müsste sich Einiges ändern. In der deutschen Straßenverkehrsordnung hat das Auto immer noch eine Vormachtstellung. Pop Up Fahrradwege und andere alternative Verkehrskonzepte sind also juristisch verboten.

Diskussion im Rahmen des #jufo 2021

Im Ausschuss „Umwelt und Nachhaltigkeit“ während des „Berliner Jugendforum 2021“ wurde der Vorschlag eines autofreien Berlins diskutiert. Die beisitzenden Politiker aus dem Berliner Senat: Daniel Buchholz (SPD) und Georg Kössler (Bündnis 90/ Die Grünen) waren sich einig, dass diese Maßnahme ein wichtiger Schritt für Berlin in Richtung Klimaneutralität und Zukunftsmobilität sei.

Jedoch betonten Beide, dass Berlin aktuell noch nicht autofrei sein könne, da es an ausreichenden ÖPNV Alternativen mangele. Die Modellprojekte der Pop-Up Fahrradwege sind gesetzeswidrig, da das Auto in der StVO immer noch Vorrang hat.

Georg Kössler vertrat die Meinung, dass Modellprojekte wie die „autofreie Friedrichstraße“ ein guter Anfang seien und als Vorbild für weitere Stadtviertel fungieren könnten. Auch die autofreie Bergmannstraße, die auf Anwohnerinitiativen zurückgeht, hob er als positives Beispiel hervor. Kössler zufolge sollten sich Anwohner*innen für einen autofreien Kiez einsetzen und eines Tages würden alle kleinen autofreien Kiezinseln zu einer großen autofreien Stadt verbunden.

Einige Teilnehmende des Ausschusses „Umwelt und Nachhaltigkeit“ sahen dagegen die Politik in der Rolle, ausreichend ÖPNV auszubauen und appellierten an die Entscheidungsträger*innen selbst zu agieren und Bürgerinitiativen zwar zu unterstützen, ihnen aber nicht die gesamte Verantwortung zu übertragen.

Wenn keine Autos mehr fahren, kann der gesamte öffentliche Raum einen Bedeutungswandel erleben

Wenn keine Autos mehr in Städten fahren, kann der gesamte öffentliche Raum einen Bedeutungswandel erleben. Busse könnten im Minutentakt deutlich mehr Leute befördern, als Autos. In Fußgängerzonen könnten Restaurants ihre Tische auf die Straße stellen. Ohne Autos würde sich in Berlin einiges zum positive verändern. Weniger Lärm, weniger Feinstaub und weniger Stress könnten die Lebensqualität vieler Menschen deutlich erhöhen.

Ein autofreies Berlin wäre nicht nur klimaschonend, sondern vor allem auch nervenschonend. Bis dahin braucht es allerdings mutige politische Handlungen, die auf den Druck der Zivilgesellschaft reagieren.