#jufo2021: #MachDichLaut – Aber hört uns auch jemand?

am 30.06.2021

Das Berliner Jugendforum 2021, eine Veranstaltung für junge Menschen, die gemeinsam politische Forderungen formulieren und diese an Politiker*innen herantragen, mit der Hoffnung, dass diese umgesetzt werden. Dieses Jahr fand die Generalversammlung, sowie die dazugehörigen Ausschüsse digital statt, welches den intensiven und diversen Austausch schwierig gestaltet hat.

Trotz des digitalen Formats haben sich nicht nur junge Menschen aus der ganzen Stadt, sondern auch Politiker*innen zusammengeschaltet und gemeinsam über 5 verschiedene Themen gesprochen und Forderungen erarbeitet. Diese wurden dann in Präsenz durch einige Repräsentant*innen vor dem Abgeordnetenhaus an Ralf Wieland (Präsident des Abgeordnetenhauses) und Sandra Scheeres (Senatorin für Bildung, Jugend und Familie) überreicht.

Ich selbst war in dem Expert*innenrat und Ausschuss zum Thema „Klima und Nachhaltigkeit“.  Ein Thema, was uns allgegenwärtig erscheint, doch noch immer nicht abschließend besprochen und angegangen wurde. Von Politiker*innen-Seite waren Daniel Buchholz (SPD) und Georg Kössler (Die Grünen) dabei. Wir waren eine Recht überschaubare Runde, weshalb der Austausch viel privater und familiärer erschien.

Ich werde im nächsten Schritt die offiziellen Forderungen des Ausschusses vorstellen, sie als Ganzes kommentieren und dann noch einige subjektive Eindrücke außerhalb der Formulierung der Forderungen teilen.

Unsere Forderungen zum Thema Klima & Nachhaltigkeit

1. Einen lebenswerten Planeten, der durch eine klimagerechte und nachhaltige Verkehrs-, Umwelt- und Energiepolitik gesichert wird.

2. E-Energie, die auch wirklich nachhaltig und klimagerecht angeboten wird.

3. Fortbildungsangebote für Lehrkräfte zur Behandlung des Themas Klimaschutz im Bildungskontext. Das Thema kommt zu kurz und muss von der Lehrer*innenschaft aktiv in den Rahmenlehrplan & Projektarbeiten eingebracht werden.

4. Eine Autofreie Stadt bis 2030.

5. Proaktive Unterstützung der Politik für das politische Engagement von Jugendlichen – ohne dabei Greenwashing oder Politik in eigener Sache zu betreiben.

6. Statt durch das Label „vegan“ Verzicht zu suggerieren, sollten Lebensmittel eher mit einem Hinweis versehen werden, dass sie tierische Produkte enthalten.

Wir als junge Menschen müssen auf die Politiker*innen zu gehen und ihnen zeigen, wie wir an unsere Ziel kommen könn(t)en.

Ich persönlich finde die Forderungen zu schwammig und pauschalisiert formuliert. Ich denke, wir hätten uns als Ausschuss viel mehr mit ersten konkreten Schritten und Maßnahmen auseinander setzen sollen, statt so riesige Forderungen zu stellen. Die Politiker*innen können meines Erachtens nach mit diesen Forderungen nur gering, wenn nicht gar nicht weiterarbeiten.

Wir als junge Menschen müssen auf die Politiker*innen zu gehen und ihnen zeigen, wie wir an unsere Ziel kommen könn(t)en. Im Größten Teil sind die Menschen im Abgeordnetenhaus genauso wie wir. Sie träumen von einem bestimmten Ziel, nur gehen sie es alle unterschiedlich an.

Wenn wir uns als Jugendliche einbringen wollen, müssen wir, ob wir es wollen oder nicht, mit Politiker*innen zusammenarbeiten. Die Politiker*innen müssen uns dafür die Möglichkeit und den Raum geben, das ist klar, doch diese Möglichkeit anzunehmen ist unsere Aufgabe.

„Wie kann es sein, dass so viele junge Menschen das Gefühl haben, von den Politiker*innen nicht unterstützt zu werden und ihr Engagement sowieso nichts verändert?"

Ich will auf jeden Fall noch auf etwas anderes eingehen. Ein Thema, das mich - in Bezug auf jugendliches Engagement - momentan sehr beschäftigt: Self-Care und alles was dazu gehört.

Ich habe es im Ausschuss angesprochen, da der Großteil der jungen Menschen bei Fridays For Future engagiert ist und ich deshalb dachte, dass es gut hineinpasst. Konkret habe ich die Abgeordneten in unserer Runde gefragt:

„Wie kann es sein, dass so viele junge Menschen das Gefühl haben, von den Politiker*innen nicht unterstützt zu werden und ihr Engagement sowieso nichts verändert, sie sich aber trotzdem überall engagieren und selbst zum burnout treiben, weil sie sich denken: „Irgendjemand muss es ja tun?“.

Ich hatte in letzter Zeit sehr oft Gespräche zu diesem Thema mit Freund*innen, die beispielsweise bei FFF engagiert sind. Jedes Mal habe ich mich gefragt „Wie kann ich so viel Herzblut, Zeit und Kraft in etwas reinstecken, hinter dem ich nicht stehe?“.

Viel Engagement findet momentan nur statt, damit es stattfindet, ohne dass alle Menschen 100% dahinterstehen und ich denke, dadurch verliert Engagement seine Bedeutung. Engagement soll etwas Schönes sein. Etwas, bei dem jede*r sich einbringen können soll, keine Last einer ganzen Generation. Ja, die Politiker*innen müssen uns noch mehr zu hören und noch mehr mit uns zusammenarbeiten, aber wir als Generation müssen uns Gedanken machen, was wir mit unserem Engagement erreichen wollen!

Und da spreche ich nicht über Forderungen. Sondern über den Sinn unserer Arbeit als junge Menschen. So wie es jetzt ist, kann es nicht weiter gehen! Wir müssen gemeinsam überlegen, wohin wir mit Jugend-Initiativen und -Bewegungen wollen, sodass sich alle wohlfühlen und sicher einbringen können, ohne sich zu überarbeiten und sich selbst auszubeuten.

Für mich hat dieses Erlebnis, das er mit uns geteilt hat, Politiker*innen und Politik an sich irgendwie menschlicher und greifbarer gemacht

Ich wurde von Georg Kössler gefragt, was ich denke, woran es liegt, das Schüler*innen keine Politiker*innen mehr in die Schule einladen wollen. Die Antwort lag für mich auf der Hand.

Vor allem durch die FFF Bewegung haben die Schüler*innen das Gefühl bekommen, dass Politiker*innen sowieso nicht auf Jugendliche eingehen, nur mit jungen Menschen zu tun haben, um sich selbst und ihrer Partei zu profitieren und nicht ehrlich auf Fragen antworten, sondern immer mit ihren vorgefertigten Antworten ankommen.

Ich muss ehrlich zugeben, ich kann diese Ansicht nachvollziehen. Auch wenn ich in meiner Schulzeit in unserer Klima-AG tätig war und auch eine Podiumsdiskussion mitorganisiert habe (Lustiger Weise war Georg Kössler da als Vertreter der Grünen dabei), denke ich, dass Politiker*innen einfach auf einer anderen Art und Weise mit Schüler*innen und jungen Menschen interagieren, als noch vor 3 oder 4 Jahren.

Kössler entgegnete diesem Argument mit einer Erfahrung während einer Podiumsdiskussion an einer Schule, wo er eben keine vorgefertigten Antworten hatte und dann zugegeben hat, dass er auf eine der Fragen der Schüler*innen keine Antwort hat. Es mag komisch klingen, aber für mich hat dieses Erlebnis, dass er mit uns geteilt hat, Politiker*innen und Politik an sich irgendwie menschlicher und greifbarer gemacht.

Ich musste mich an die Podiumsdiskussion an unserer Schule erinnern, wo sich einige Politiker*innen im Anschluss noch spontan in unser Plenum gesetzt und noch mit uns gequatscht haben. Ja, es gibt Politiker*innen, die ihren Job machen, um Verantwortung und Macht zu haben, die zu jeder Veranstaltung mit den gleichen Antworten, Anekdoten und Argumenten ankommen, das ist leider unvermeidbar.

Aber es gibt auch (vor Allem junge) Politiker*innen, die ihren Job machen, weil sie Spaß an einem Austausch und einer gemeinsamen Arbeit an unserer Stadt sowie globalen Zielen haben.

Aber es gibt auch (vor allem junge) Politiker*innen, die ihren Job machen, weil sie Spaß an einem Austausch und einer gemeinsamen Arbeit an unserer Stadt sowie globalen Zielen haben.

Das sind die Menschen, die jeden Termin streichen, damit sie sich mit Schüler*innen austauschen können. Das sind die Menschen, die vor hunderten Schüler*innen zugeben, dass sie eine Antwort auf eine Frage nicht wissen.

Natürlich kann kein Mensch die einen von den anderen Politiker*innen unterscheiden, wenn es nur Namen im Internet sind. Doch es lohnt sich, sich über die Menschen zu informieren und die Menschen zu kontaktieren, die am Besten zu der eigenen Schule passen. Die Politik macht viel falsch, das steht außer Frage.

Doch wieso Politiker*innen nicht einladen, sie fragen, wieso sie viel Falsch machen und gemeinsam mit ihnen erarbeiten, wie Sachen richtig gemacht werden. Viele von uns engagierten jungen Menschen, sind zu jung zum Wählen.

Die einzige Möglichkeit, am Politischen Geschehen und seinem Wandel teilzuhaben, ist durch Engagement

Die einzige Möglichkeit, am Politischen Geschehen und seinem Wandel teilzuhaben, ist durch Engagement. Aber wenn wir aktiv in den Austausch mit Politiker*innen gehen, können wir unsere Ideen, Sorgen und Verbesserungsvorschläge kommunizieren und somit viel beeinflussen.

Ich würde jedem/r Schüler*in dazu raten, sich mit politischen Veranstaltungen an der Schule auseinander zu setzen. Es kann passieren, dass man eine schlechte Erfahrung macht, wenn man Menschen einer Partei in die Schule einlädt und Transparenz erwartet. Es kann aber auch eine total bereichernde Erfahrung sein.

Das Risiko muss ein jeder* eingehen, wenn man sich wirklich Antworten und Stellungsnahmen, sowie transparente und aktive Kommunikation wünscht. Lehrer*innen sollten die Schüler*innen politisch viel mehr und aktueller sensibilisieren und ihnen Räume und Möglichkeiten schaffen, ihre eigenen Erfahrungen mit Politiker*innen sowie dem politischen Zeitgeschehen generell zu machen.

Denn genau dafür sollte Schule doch da sein.