Der Verlass auf moderne Medien - #NoPhone Talk auf dem #jufo18

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am 27.06.2018

Das Berliner JugendFORUM 2018 beschäftigt sich nicht nur mit den Themen der Nachhaltigkeit, der Unterbezahlung von Freiwilligendiensten oder unter anderem dem Jugendfördergesetz. Auch die Kleinsten haben die Möglichkeit, ihre Meinung über das Nutzen ihrer Handys auf dem Schulgelände und im Unterricht im Talk #NoPhone den Politiker*innen Dirk Stettner (CDU), Stefan Ziller (Grüne) und Birke Bull-Bischoff (Die LINKE) mitzuteilen. Zum Nachschlagen von Worten, zum Nachrechnen von Mathematik-Aufgaben, zum Spaß haben in der Pause. Die Grundschüler*innen der Kastanienbaum Grundschule haben noch weitere Gründe, warum die Handy-Nutzung in der Grundschule weiter ausgebaut und fest in den Schul-Alltag integriert werden sollte. Und das, obwohl es eigentlich darum geht, die Handynutzung in Grundschulen zu verbieten. Schnell kristallisiert sich heraus: Auch während des Unterrichtes soll das Mobiltelefon nicht in der Tasche bleiben.

Zwischen Luxus und Problem

Klar, Kinder sollen den richtigen Umgang mit den modernen Medien erlernen. Und auch die Schule digitalisiert sich. Seien es extra eingerichtete PC-Räume, Smartboards, die Kreidetafeln ersetzen, oder Präsentationen, die bitte mit PowerPoint gestützt gehalten werden sollen. Digitale Medien zu Umgehen ist einfach unmöglich. Umso wichtiger ist es, dass die richtige Relation verstanden und eingehalten wird. Die Forderung der Kinder, das Handy als Online-Duden mitnehmen zu dürfen, ist demnach für mich unverständlich. Es bleibt doch trotzdem wichtig, sich in einem normalen Wörterbuch aus Papier zurechtfinden zu können. Und ob ich das 1x1 jetzt in mein Handy oder den Taschenrechner eingebe, macht auch keinen Unterschied. Nur den, dass ich mein Handy nicht in Prüfungen benutzen kann und früher oder später dazu gezwungen bin, mich mit einem Taschenrechner auszukennen. Die politisch-gesellschaftliche und wissenschaftliche Bildung sollte weiterhin das Hauptaugenmerk einer Schule und vor allem einer Grundschule bleiben. Die Kinder dort sind fünf bis12 Jahre alt und lernen die Grundlage des Lesens und Schreibens, auf die sie ein Leben lang angewiesen sind. Wird Stift und Zettel durch ein Display mit Touchscreen ersetzt, so wird das Erlernen deutlich behindert bis unmöglich. Vor allem motorische Fähigkeiten, wie das Halten des Stiftes und die Bewegung, wie man Buchstaben schreibt, werden nicht mehr erlernt. Dazu kann es auch gesundheitliche Folgen haben, wenn bestimmte Muskeln und Sehnen nicht mehr bewegt werden. Dies kann zu Verkrampfungen und anschließenden starken Schmerzen kommen. Angemerkt wurde deshalb der Aspekt, die Nutzung im Unterricht auf die fünften und sechsten Klassen zu beschränken. Ein Aspekt, den ich ebenfalls nicht begreifen kann. Die Kinder haben gerade gelernt, miteinander zu kommunizieren und das soll nun durch die Handys unterbunden werden? Gerade bei Kindern des jüngeren Alters ist es wichtig, dass sie mit anderen Menschen und vor allem mit älteren Personen persönlich in Kontakt treten um zu lernen, wie sie sich unter Gleichaltrigen und Autoritätspersonen zu verhalten haben.

Gleichberechtigung statt Gesundheit

Besonders enttäuschend war in der Diskussion also, dass sich weder betreuende Lehrkräfte, noch die Politiker*innen mit dem Aspekt der Desozialisierung der Kinder befasst haben. Eher waren sich alle einer Meinung, dem Wunsch der Schuler*innen hinzugeben und ein mögliches Verbot nicht einzuführen. Im Gegenteil! Digitale Medien sollen einen festen Bestandteil des Unterrichtes darstellen. Handys sollen allen Schüler*innen zur Verfügung gestellt werden. Wer kein Handy hat, dem wird eins gestellt. Frau Bull-Bischoff merkt dabei an, dass es sogar gut wäre, wenn jeder sein eigenes Handy mitbringt, damit man sich im Unterricht mit den verschiedenen Betriebssystemen beschäftigen kann. Dazu dürfen die Mobiltelefone auch während der Pausen benutzt werden. Die Kinder sagten aber auch, dass es reichen würde, wenn nur in einer Pause das Handy benutzt werden darf. Soweit so gut. Jetzt schaltet sich eine Lehrerin ein. Wer soll den Kindern den richtigen Umgang mit der Technik beibringen? Es gibt starken Lehrermangel in Berlin, die Überforderung ist an manchen Schulen spürbar; die Besetzung wir immer älter. Viele Lehrer*innen kommen mit der Technik nicht klar. Aber Hauptsache, sie ist da. Dazu finde ich es viel erschreckender, dass vorausgesetzt wird, dass die Schüler*innen im Alter von 10 bis12 Jahren ein Smartphone besitzen, mit dem sie auch noch arbeiten können. Damit auch alle Kinder in den Pausen damit spielen können, sollen Smartphones vom Senat gestellt werden. Ein Junge, vielleicht elf Jahre alt, merkte das an, dass Handys gestellt werden sollen. Anstatt dass die Politiker*innen jetzt einschreiten, wird dem Jungen zugestimmt. Da stelle ich mir die Frage, was man denn noch alles finanzieren möchte? Wenn wir dann schon bei Gleichberechtigung sind, sollte man doch gleich 354 500 Schüler*innen in Berlin mit Smartphones ausstatten. Wären nur knapp 71 000 000 €. Dazu noch Lehrer*innen bezahlen und erstmal bitte schulen, damit den Kindern auch Verantwortung und der richtige Umgang beigebracht wird. Ein anderer Aspekt ist, dass Kinder ihrer Freizeit zu Hause ebenfalls eine gewisse Zeit am Smartphone, dem Tablett oder ähnlichem verbringen. Dort kann man sich die Medienkompetenz von den Eltern beibringen lassen und muss diese Verantwortung nicht auf die Schule übertragen. Dass Kindern der Umgang beigebracht wird ist nämlich notwendig, keine Frage. Es ist absehbar, dass neue und kompliziertere Technologien auf uns warten und demnach bringt es nichts, es aufzuschieben, sich damit zu befassen. Dazu ist zu beachten, dass das das Lernen mit neuen Medien als pädagogische Methode im Rahmenlehrplan steht. Nur würde die kontinuierliche Nutzung den Kindern nicht lehren, wann es angemessen ist, dass Handy auch mal beiseite zu legen. Man verlässt sich immer auf das Funktionieren des Gerätes und nimmt die Umwelt weniger intensiv wahr. Dazu ist es nicht unbekannt, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Sucht zu entwickeln, umso größer ist, je jünger der Nutzende ist. Es ist also mit großer Vorsicht zu betrachtet, inwieweit man den Wünschen nachgeht, und moderne Medien fest in den Unterricht integriert. Den Taschenrechner oder den Duden ersetzen zu lassen, wäre demnach eine schlechte Wahl. Auch der Standpunkt "Ich möchte mein Handy mitnehmen dürfen, damit, wenn ich etwas vergesse, ich zu Hause anrufen kann, und meine Mama mir mein Buch bringen kann" Ist total kontraproduktiv. Denn so wird die Selbstständigkeit der Schüler*innen reduziert und sie lernen auch auf dieser Ebene nicht mit Verantwortung umzugehen. Festzuhalten ist, dass ein starker Wunsch der jüngeren Schüler*innen Berlins vorhanden ist, öfter im Unterricht mit Smartphones zu arbeiten. Die Politik ist bereit, den Wünschen teils nachzugehen und auch, Technik bereit zu stellen. Wichtige Aspekte, wie die Gesundheit der Kleinen auf mehreren Betrachtungsebenen, wurden weder von Abgeordneten, noch von Betreuer*innen beachtet, was die vorhandene Problematik noch schwerer macht. Denn die Technik soll den Schüler*innen nutzen und nicht schaden.

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Berliner jugendFORUM 2018

Am 25. Juni ist Berlins größtes unabhängiges Jugendpolitikevent auf dem Pfefferberg-Areal zu Gast. Performances, Aktionsstände, vor allem aber: Diskussionen! In neun Runden könnt ihr mit Politiker*innen aus dem Bundestag, dem Abgeordnetenhaus und den Bezirken eure Meinungen und Ideen rüberbringen: Hier könnt ihr damit anfangen, Berlin nach euren Ideen zu gestalten. In diesem Jahr wird unter anderem über die Zukunft der Schule (#1LitSchule), Nachhaltigkeit (#MakeEarthGreatAgain), Diskriminierung (#NoHateSpeech) und Digitalisierung (#Neuland) diskutiert. Auch die jup!