jup!od #7

am 29.11.2016

In der heutigen Folge schauen wir mal nicht auf ein Album, sondern auf einen Konzertfilm. Die Lieder findet ihr trotzdem, wie gewohnt, auf Spotify und auf YouTube.

Diese Woche haben wir etwas Besonderes für euch. Wir verlassen nicht nur die Musik, die wir sonst so am Start haben, sondern schauen diesmal auch auf ein anderes Medium. Ein Film über musikalisches Kabarett mit einem äußerst sympathischen Künstler.

Reimendes Klavierkabarett

Er schreibt nicht nur kluge Texte und singt, sondern spielt dazu noch überragend Klavier. Der Kabarettist Bodo Wartke ist ein Multitalent und bringt einen neuen, außergewöhnlichen Konzertfilm heraus. Wir haben ihn in getroffen.

20 Jahre steht Bodo Wartke jetzt nun auf der Bühne. In der Schulaula in seiner Heimat Bad Schwartau stand er das erste Mal 1996 mit einem Programm auf der Bühne. Anfang der 2000er zog es ihn für sein Studium, Klavier und Gesang, nach Berlin. Sein fünftes und neustes Klavierkabarettprogramm feierte im September 2015 Premiere. Was, wenn doch? heißt es. Auf dem gleichnamigen Album gibt Wartke Denkanstöße. Dabei lässt er auch Humor einfließen, so wie man es von ihm gewohnt ist. "Was macht der Clown, wenn er traurig ist?" und "Was passiert, wenn alle das tun würden, was sie lieben?" sind Fragen, die er aufgreift. Er selbst nennt seine Musik Klavierkabarett in Reimkultur. Das passt gut. Denn bei Bodo Wartke haben die Kompositionen auch einen hohen Stellenwert und er springt musikalisch durch verschiedene Genres. Meistens reimen sich die Zeilen seiner Texte auch.

Am 12.12.16 erscheint nun sein Konzertfilm Bei dir heute Nacht als BluRay und DVD. Dabei gibt es einen Konzertmitschnitt der besonderen Art. Bodo Wartke spielt vor 30 Leuten in der Szenerie eines Hamburger Hinterhoftheater. Das Theater verwandelt sich für diesen Abend in sein Wohnzimmer. Er führt all seine Stücke des neusten Programms auf. Manche in Versionen, die es so noch nicht gab. Dabei fühlt man sich, als wäre man live dabei. Vor allem wirken einige Lieder intimer und es entsteht das Gefühl, dass man ein wenig in die Seele Wartkes schauen kann. 134 Minuten geht der eigentliche Konzertfilm. Es sind über zwei Stunden zum Lachen, Nachdenken und sich Wohlfühlen. Dazu gibt es noch jede Menge Extras. So zum Beispiel Videotagebücher zur Entstehung der DVD und Musikvideos. Besonders bemerkenswert ist das neue Lied von Bodo Wartke. In Nicht in meinem Namen spricht er an, dass es nicht in Namen Gottes ist, egal in welcher Religion, Kriege anzuzetteln, Untaten zu tun oder Ähnliches. Ein ganz starkes Lied mit starkem Text, das man sich auf jeden Fall anhören muss. Wer die DVD haben möchte kann sie im Online-Shop von Bodo Wartke (http://www.bodowartke.de/shop) fünf Euro günstiger bekommen. Außerdem gibt es die BluRay exklusiv dort.

Mitte November traf ich Bodo Wartke in einem Kreuzberger Café zum Interview. Dabei unterhielten wir uns über Weltpolitik, Fernsehen, aber auch sein Album, den Konzertfilm und das Leben in Berlin. Einen Auszug gibt es hier:

jup!: 20 Jahre Bühne. Was hat sich zum ersten Auftritt geändert und was ist gleich geblieben? Bodo Wartke: Gleich geblieben ist die Spielfreude und Unbedarftheit, mit der ich auf die Bühne gehe. Die hatte ich damals schon und das erstaunt mich auch rückwirkend. Was mich heute wie damals nicht abhält, auf die Bühne zu gehen, ist etwas nicht zu können. Ich mache eigentlich in jedem Programm Sachen, die ich noch nie gemacht habe.

Das was sich verändert hat, ist die Gelassenheit, mit der ich Fehlern begegne. Die ist größer geworden, weil mir das oft genug passiert ist. Es ist auch nicht immer schlimm, Fehler zu machen. Zum Beispiel, wenn ich mal den Text vergesse und einer aus dem Publikum, den spontan weitersingt, ist das ein urkomischer Moment.

Woher kommt bei Dir die Freude am Komponieren? Es ist nicht nur die Freude am Komponieren, sondern auch die Freude am Dichten und Reimen. Ich reime sehr genau, überraschend und unkonventionell. Damit mache ich es mir auch schwer. Ich finde, dass Reime die Sprache zum Klingen bringen. Für mich muss Sprache nicht nur etwas aussagen, sondern auch gut klingen. Mich hat schon immer das Zusammenspiel aus Musik und Sprache interessiert. Ein Text muss für mich eine Klarheit und gerne auch eine Mehrdeutigkeit mitbringen. Dabei bleibt aber eine Bedeutungsebene klar. Ich liebe Klarheit und Klang. Wenn dann beides zusammenkommt, mache ich mir die größte Freude.

Dein Album heißt "Was, wenn doch?". Welche Klammer gibt der Titel dem Album? "Was, wenn doch?" ist die Gegenfrage auf "Was, wenn es nicht klappt?". Viele Dinge trauen wir uns nichts, auszuprobieren, weil wir von Anfang an denken, dass es nicht klappt. Das kann auch passieren. Aber das ist nur eine von zwei Möglichkeiten. Ich finde es wichtig, es darauf ankommen zu lassen. Es ist ja auch die Triebfeder meines Tuns. Ich merke auch erst, ob eine Nummer klappt, wenn ich sie ausprobiere. "Für möglich halten, dass es klappen kann", ist die Klammer von "Was, wenn doch?".

Wie kam es zu der Idee für den Konzertfilm "Bei dir heute Nacht"? Die Idee entstand auch aus dem Wunsch heraus, dass wir Sachen machen, die wir noch nicht gemacht haben. Über allem steht die Frage: Mit welchen Mitteln kann man das, worum es geht, am besten zum Ausdruck bringen? Theater funktioniert nach anderen Gesetzen als Film. Wir haben beim jetzigen Film mit viel Tricktechnik gearbeitet. Das sind zum Teil Effekte, die dem Zuschauer gar nicht auffallen. Die haben wir gewählt, weil wir der Meinung sind, dass die Stücke so am besten zur Geltung kommen. Es ist im Grunde das Einfangen einer Konzertsituation vor Freunden. Alle Leute, die das waren, kenne ich. Für manche Lieder ist der Dialog zwischen dem Publikum und mir essenziell. Für andere ist eine Intimität wichtig. Der Film aber erzählt nicht nur den Auftritt, sondern auch das drumherum.

Berlin wird oft sehr negativ dargestellt. Es sei dreckig und nichts würde fertig werden. Kannst du drei positive Dinge über Berlin sagen? Sogar noch mehr! Diese Stadt ist im Wandel. Im Prinzip seit es sie gibt, ist das so. Das ermöglicht viel, aber erschwert auch einiges. Es gibt Sachen in Berlin, die gibt es woanders nicht. Zum Beispiel das Tempelhofer Feld. Es ist jetzt ein öffentlicher Park und alle Initiativen, ihn zu bebauen, sind gescheitert, weil kein Geld da ist. (Lacht.) Das ist super klasse. Selbst, wenn es voll ist, hast du da noch Platz. Das ist generell in Berlin so. Es ist so groß, dass man sich nicht auf die Füße tritt.

Man kann in Berlin so sein wie man ist. In Bad Schwartau, wo ich herkomme, werde ich oft angeschaut wie ein Außerirdischer. Man braucht auch Zeit, um hier anzukommen. Ich habe dafür Jahre gebraucht.

Was würdest Du in der Hauptstadt ändern wollen, wenn Du könntest? Ich wünsche mir mehr Gemeinsinn und mehr Mitmenschlichkeit. Dass die Menschen schnallen: Wenn wir unsere Kühlschränke nicht aus dem Fenster werfen und den Müll nicht auf die Straße legen, ist es für alle geiler. Intakte Nachbarschaften und Kiezstrukturen wären gut. Es gibt Stellen in Berlin, an denen findet man das, an anderen leider nicht. Das wünsche ich mir nicht nur für Berlin, sondern für die Welt.

Nächste Woche gibt es dann wieder ein Album im jup!od. Dabei handelt es sich auch um eine Besonderheit. Es ist nämlich ein Filmsoundtrack!

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Beim Format jup!od hört sich unser Redakteur Olli die neusten Alben für euch an. Die vorherigen Folgen findet ihr hier: Folge 1 Folge 2 Folge 3 Folge 4 Folge 5 Folge 6

Außerdem gibt's eine Spotify-Playlist mit Ollis Favoriten. Klick dich hier rein!

Und hier geht es zur passenden YouTube-Playlist!