Darüber spricht man nicht? Falsch!

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am 18.01.2017

Am 16. Januar öffnete die jährliche Ausstellung des Jugendforums „denk!mal '17“ im Berliner Abgeordnetenhaus ihre Tore. Thema ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Der besondere Fokus liegt dieses Jahr auf Homosexuellen. jup!-Redakteurin Sina war vor Ort und hat sich die von Kindern und Jugendlichen erstellten Ausstellungsstücke angeschaut.

„Alles was auch nur im entferntesten mit Nationalsozialismus zu tun hat, kommt rein“, erzählt mir Projektleiterin Talita Gergely. Tatsächlich sind es sehr vielfältige Projekte, die am ersten Ausstellungstag auf mich warten. Projekte, die thematisch rein gar nicht weit entfernt waren. Im Gegenteil Projekte, die den Nagel auf den Kopf treffen. Projekte, von denen man gar nicht meinen mag, sie stammen von jungen Menschen. Es sei sehr wichtig, dass sich gerade Jugendliche, die entfernteste Generation, mit dem Thema beschäftigen. Nicht nur um zu gedenken, sondern auch zu prävenieren.

Wenn man das Casino des Berliner Abgeordnetenhauses betritt, kommt man zuerst in einen kleinen Vorraum. Eher unscheinbar, denke ich mir, zu unscheinbar. Doch schaut man genauer hin, sieht man - im wahrsten Sinne des Wortes - die Gedanken von Schüler*innen, welche sich zum Projekt eine ausdrucksstarke Nachricht überlegt haben. Auffällig ist zuerst das Wort Rassismus. Rassismus und Nationalsozialismus. Passt zusammen, aber das kann doch nicht das Einzige sein, finde ich. Es muss mehr sein. Und das ist es.

Gemeinsam mit Frau Gergely betrete ich den Hauptausstellungsraum. Dort wird man mit mehr als nur Rassismus konfrontiert. Propaganda, Rebellen, Hierarchien außerhalb einer ethnischen Ansicht. Man bedenke: Es sind Werke von Kindern und Jugendlichen. Die Jüngsten sind gerade acht Jahre alt und haben sich oftmals innerhalb ihrer Klasse damit auseinandergesetzt. Ich frage mich, was in so einem Kinderkopf vorgeht? Wie sie darauf gekommen sind? Nur ein Schulprojekt? Oder gibt es bei einigen sogar biografische Bezüge? Ob sie wissen, was für eine Aussagekraft ihre Notizen in einem ausgestellten Tagebuch haben?

Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 25 Jahren waren aufgerufen, ihre Werke einzureichen. Und was für einzigartige Projekte dabei sind. Jedes auf seine Art verschieden. Wiederholungen gab es noch keine, erzählt mir Frau Gergely. Und ich glaube ihr gerne. Kann man überhaupt genug darüber reden?

Als Besucher ist man beeindruckt von der Kreativität. Nachgestellte Kämpfe aus Streichhölzern. Trümmerfrauen dargestellt aus selbstgebrannten Tonplatten, welche zur Veranschaulichung zerstört wurden. Ein riesig nachgestellter Judenstern mit Opfernummern darauf. Eine Sammlung von Zeichnungen - handgemalt für das Jugendforum. Einen direkten Bezug zu Homosexuellen finde ich nicht, stünde da nicht eine kleine Leinwand, bemalt mit einer regenbogenartigen Form darauf. Farbenfroh. Aussagestark. Und selbst wenn es „nur“ ein Video einer Diskussion im Klassenzimmer ist. Es geht ums Gedenken. Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Der offizielle Gedenktag findet am 27. Januar statt. Passend dazu lädt das Jugendforum am 18. Januar zu einer Abendveranstaltung ein. Auch die sogenannten „Swing Kids“ werden verkörpert durch eine Swing tanzende Gruppe. Ein damals verbotener Tanz, welcher Lebenslust und vor allem Rebellion anstrebte. Das ist mindestens genauso sehenswert wie die Ausstellung an sich.

Die Ausstellung ist noch bis zum 23. Januar an Wochentagen von 9 bis 18 Uhr im Casino des Berliner Abgeordnetenhauses zu sehen. Ein Besuch, der sich lohnt!

Mehr Informationen über das Jugendforum denk!mal '17 findest du auf jup! und hier!