Ungesunde Kurzschlüsse

Ein Beitrag von BerlinImPuls-Redakteurin Céline Kempen

Eines Schultages in einer Zehlendorfer Grundschule: Die Lehrerin fragt die Kinder, wer von ihnen mit Menschen mit Migrationshintergrund in Kontakt kommt. Schüler 1 antwortet: „Also meine Putzfrau kommt aus Polen.”

Schülerin 2 bemerkt daraufhin: „Achso ja, meine kommt aus dem Kosovo.” Schülerin 3: „Ich fahre mit Papa jeden Tag an einem Flüchtlingsheim vorbei und sehe die Flüchtlinge.” Die vierte Schülerin fragt daraufhin verwirrt die Lehrerin: „Aber so viele Putzfrauen brauchen wir doch gar nicht, oder?” Dieser kindliche Kurzschluss hat mich schockiert: Das Kind kennt Migranten nur als Putzkräfte und schließt daraus, dass jeder Migrant auch diese Funktion ausfüllt. Natürlich führt das zu Verwirrung bezüglich der benötigten Putzkräfte.

Ab hier wollte ich eigentlich den Wahrheitsgehalt dieser Aussage journalistisch aufdecken. Wie viele Hilfsjobs werden tatsächlich von Migranten ausgeführt? Wie verteilt sich die Konfrontation mit Flüchtlingen und Migranten auf die Bezirke? Und wie weit verbreitet ist dieses kurzschlussartige Denken bei Erwachsenen?

Bei meinem ersten Rechercheansatz tippte ich Folgendes eifrig in die Google-Leiste ein: “Wie viele Hilfsjobs werden in Deutschland von Ausländern verübt?”

Die Treffer, die sich dann auftaten, haben mich noch mehr erschüttert als die vorherige Anekdote:

Ausländerkriminalität?

Ich google, wie viele Flüchtlinge Hilfsjobs annehmen und geboten wird mir das.

So viel zu einer objektiven Suchmaschine. Die Logarithmen scheinen gepolt auf sehr spezielle Suchergebnisse. Das ist für mich ungefähr genauso schlimm, wie die Presse, die vor einer „drohenden Flüchtlingswelle” warnt.

Ich empfinde solch eine Wortwahl als Hetze. Die Basis des Journalismus wird hier verleugnet: die Neutralität. Meiner Meinung nach beschreibt der Titel "eine neue Flüchtlingswelle wird erwartet” den Artikel auf eine professionellere Art und Weise.

Sowohl diese Formulierung, die das Wort Bedrohung einschließt, als auch die Suchmaschine, die von Arbeit auf Kriminalität schließt, hat das Potenzial, Menschen negativ zu beeinflussen. Hier findet man in der Tat das Kurzschlussprinzip vom Anfang wieder. Es werden Terme miteinander assoziiert, bis sie zur Normalität werden. Dabei ist es doch gewollt und notwendig für die erfolgreiche Integration der Flüchtlinge, dass unter den Bürgern eine Stimmung herrscht, die dem „Wir schaffen das!“ von Kanzlerin Merkel entspricht.

Ich glaube, worum ich hier bitte, ist ein gewisses Maß an Reflektion. Im Besonderen liegt es mir am Herzen, dass sich die bisher durchaus positive Stimmung nicht unterkriegen lässt von der unneutralen Presse. Flüchtlinge gab es immer und wird es immer geben. Vielleicht sind es irgendwann Du und ich.

Quelle: berlinimpuls.de

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