“Ihr müsst zuhause sein, wenn die Straßenlaternen angehen!”
George Floyd, Baton Rouge, Falcon Heights und tausende weitere wurden in den letzten Jahren Opfer von Polizeigewalt und Rassismus in den USA. Die Black Community sieht sich in allen Teilen Amerikas großen Hürden entgegen, die sogar über Rassismus und Gewalt hinausgehen.
Regisseur Roberto Minervini bereiste Louisiana, um ursprünglich eine Dokumentation über die Musik der 1930er Jahre zu drehen. Überwältigt von den Menschen und Geschichten auf die er traf, änderte er seine Pläne und berichtet anstelle des lockeren, leichten Themas Musik über den im 21. Jahrhundert weiterhin bestehenden Rassismus gegen die Black Community. Angelaufen am 23.07.2020 zeigt “WHAT YOU GONNA DO WHEN THE WORLDS ON FIRE?” die Probleme der Menschen aus drei verschiedenen Winkeln und Lebensweisen
3 Geschichten - 3 Perspektiven
Zu Beginn lernt der Zuschauer den 14 Jährigen Ronaldo und seinen kleinen Bruder Titus kennen. Ronaldo hat in seinen jungen Jahren schon mit Verurteilungen, Beschimpfungen und der Angst um's Überleben zu kämpfen. Ronaldo hat als großer Bruder die Vorbildfunktion und die Aufgabe Titus auf das Leben vorzubereiten. Wie verteidigst du dich selbst? Wo versteckst du dich? Was heißt es schwarz zu sein? Du musst zuhause sein, wenn die Straßenlaternen angehen!
Minervini gibt außerdem Einblick in den Alltag der Barbesitzerin Judy Hill, deren Bar aus dem Nichts verkauft wurde und sie nun ohne Einkommen da steht. Judy lädt ein letztes Mal alle in ihre verkaufte Bar ein, um sich auszutauschen. Dabei entstehen wütende Parolen wie: “Why they don`t respect us?”, “The law is not on our side!” und “We were never considered as people, we were considered as animals”. Sie lässt den Zuschauer an ihrer Vergangenheit teilhaben: Missbrauch, Drogensucht, Vergewaltigungen und natürlich Rassismus. Die übrigen Anwesenden brechen schlussendlich ihr Schweigen und zeigen offen wie nie, welche Angst sie jeden Tag verspüren. Die Angst morgens aus der Tür zu gehen und Abends nicht wieder zu kommen.
Der dritte Einblick in das Leben der Black Community in Louisiana zeigt die Organisation Black Panther. Sie geben Essen an Bedürftige in der Gegend und demonstrieren regelmäßig gegen die Polizeigewalt, den Vandalismus gegen schwarzes Eigentum und gegen Rassismus. Denn der Ku-Klux-Klan ist auch im 21. Jahrhundert noch aktiv und terrorisiert die Schwarzen Communities.
Schauen, Blickwinkel erweitern!
Die zeitlichen Sprünge zwischen den Einzelnen Figuren und Lebensweisen können zu Beginn sehr verwirrend sein, da der gesamten Dokumentation ein Erzähler fehlt, ich denke aber, dass der Regisseur wollte, dass der Film für sich selbst spricht. Die Message schafft dies an manchen Stellen zwar nicht zu 100% allein, jedoch findet man sich recht schnell rein.
Roberto Minervini hat es geschafft, dass man sich als Zuschauer als Teil des gesamten Projekts sieht. Er stellt klar und deutlich die Kernprobleme dar, mit welchen die Black Community tagtäglich zu kämpfen hat und ist erfolgreich damit, dass man sich nach der Dokumentation fragt, was man selbst anders machen könnte, damit diese Zustände endlich ein Ende finden. Im Rahmen der BLACK LIVES MATTER Demonstrationen ist dieses Projekt eine gute Ergänzung, um ein weiteres Mal detailliert zu zeigen, was im System der USA falsch läuft. Jedoch ist auch hier zu sagen, dass diese Problematik auf jedes andere Land der Welt übertragen werden könnten und man sich vor der gleichen Mauer wiederfinden würde.
Wenn ihr also daran interessiert seid, die Probleme der Black Community aus nächster Nähe zu erleben, seid ihr bei dieser Doku genau richtig. Aber vorsicht: Roberto Minervini hat nicht darauf gesetzt den Hauptkonflikt und die erschreckende Message durch die Blume zu vermitteln. Trotz allem ist dies kein Film zum “nebenbei schauen”, ihr müsst konzentriert und interessiert dabei bleiben, dann werdet ihr vielleicht am Ende besser verstehen, was wir alle gemeinsam zu ändern haben.