Wieso werden Muslime in den Medien so einseitig dargestellt?

Julia Ley & Nabila Abdel Aziz: Die beiden Gründerinnen der Muslim Story

The Muslim Story“ will durch Workshops Medienkompetenz unter Muslim*innen und Diversity-Kompetenz in Redaktionen fördern.

Sie werben für eine ausgewogenere Islam-Berichterstattung. Wir haben die zwei Gründer*innen zu ihrem Projekt und bisherigen Erfahrungen interviewt.

Wir (Julia Ley und Nabila Abdel Aziz) haben Anfang 2018 das Projekt "The Muslim Story" gegründet. Wir setzen uns dafür ein, dass der Journalismus in Deutschland diverser wird, Minderheitenpositionen öfter gehört werden und Muslime nicht nur als Klischees in den Medien vorkommen.

Zwar hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren schon viel verändert, aber der "Frame" (der Kontext, in dem über Muslime berichtet wird) ist noch immer in den meisten Fällen ein negativer.

Wir sind natürlich nicht per se gegen kritische Berichterstattung über Muslime, aber für mehr Differenzierung und Ausgewogenheit. Deshalb geben wir einerseits Medientrainings für junge Muslime und muslimische Organisationen - um muslimische Stimmen hörbarer zu machen.

Und diskutieren andererseits mit Journalisten darüber, wie eine differenzierte Berichterstattung über Minderheiten aussieht. Derzeit arbeiten wir außerdem an einem Medienblog, in dem wir die Berichterstattung zu Minderheiten kritisch begleiten wollen.

Daneben sitzen wir gelegentlich auf Panels, halten Vorträge und haben ein Theaterstück geschrieben, in dem wir uns mit unseren eigenen Vorurteilen und Ängsten gegenüber dem (für uns) Fremden auseinandersetzen.

Ich (Julia Ley) habe während meines Studiums und auch während meiner ersten Jahre als Journalistin in München im privaten Rahmen viele tolle Muslime kennengelernt. In den Medien hingegen begegneten mir Muslime meist nur als "Terroristen", "Integrationsverweigerer", "Kriminelle".

Der Widerspruch zwischen meinen eigenen Erfahrungen und dem Medienbild hat mich lange geärgert - bis dann bei einem Kaffee die Idee für die Muslim Story entstand.

Ich glaube, dass nicht nur die einzelnen Menschen, sondern auch die Auseinandersetzung mit dem Islam und seinen vielen Facetten - als religiöse Praxis, als Weltanschauung, als Ideengeschichte - uns in Deutschland durchaus bereichern könnte.

Stattdessen reduzieren wir Muslime medial immer wieder auf dieselben Fragen: "Passt du hierher? Wie modern bist du? Kannst du dich integrieren? Wirst du uns gefährlich?" Wir verschenken damit nicht nur Potential, sondern auch viel spannendere Geschichten.

Na klar. Einerseits, weil wir oft mehr Anfragen kriegen, als wir zu zweit bewältigen können. Immerhin sind wir beide ja auch nebenbei noch Journalistinnen. Andererseits ist das Thema so heiß umkämpft, dass eine sachliche Diskussion mit Andersdenkenden oft gar nicht möglich ist.

An beiden Enden des Spektrums - unter Islamkritikern wie unter manchen Muslimen - gibt es das Gefühl, "die Medien" seien unfair, voreingenommen und verfolgten eine Agenda. Die einen sagen, es werde verharmlosend über Muslime berichtet.

Die anderen nehmen nur die vielen Berichte über Terror und die sich ständig wiederholenden Debatten wahr und übersehen dabei, dass es durchaus auch differenzierten Journalismus gibt und in den letzten Jahren viele neue Stimmen hinzugekommen sind.

Wir versuchen in beiden Fällen darauf hinzuweisen, dass es in der Tat noch viele Probleme gibt - sich gerade aber auch viele Türen öffnen.

An dem Zuspruch, der uns nach unseren Workshops, nach Panels, Vorträgen und Aufführungen erreicht. Am schönsten ist es eigentlich, wenn junge Leute - ob muslimisch oder nicht-muslimisch - in unseren Workshops ein Erfolgserlebnis haben:

Wenn sie ihre Scheu überwinden, das erste Mal jemanden interviewen, einen eigenen Text zu Ende schreiben - oder diesen sogar hinterher zur Veröffentlichung bringen.

Das Bewusstsein, dass es noch viel zu tun gibt. Und das Gefühl, dass wir tatsächlich etwas weitergeben können - nämlich ein Wissen, mit dem viele Menschen dann etwas Produktives anfangen können.