#wirsindmehr

am 04.09.2018

Am Sonntag, dem 26. August wurde morgens auf dem Chemnitzer Stadtfest ein 35-jähriger Mann nach einer Auseinandersetzung mit einem Messer angegriffen und getötet. Laut Polizei waren 10 Personen an der Auseinandersetzung beteiligt, zwei weitere Menschen wurden dabei schwer verletzt. Danach überschlugen sich die Ereignisse. Am frühen Nachmittag am selben Sonntag rief die AfD zu einer spontanen Kundgebung auf. Diese noch friedlich verlaufende Demonstration war aber nur der Auftakt zu den rassistischen Übergriffen auf Menschen, die die Angreifer für Flüchtlinge hielten.

Am Abend des nächsten Tages kochte die Stimmung weiter hoch: Demonstranten, die sich dem rechten Milieu zuordnen ließen, begannen unweit des Todesortes von Daniel H. den Hitlergruß zu zeigen und Brandkörper zu zünden. Eine gleichzeitig stattfindende Demonstration gegen rechts mit mehr als tausend Menschen ließ sich nur mühsam von den rechten Demonstranten trennen, die Polizei schien überfordert. Am Ende des Abends wurden zwanzig Verletzte gezählt, zehn Ermittlungsverfahren leitete die Polizei aufgrund der Hitlergrüße ein.

"Es darf auf keinem Platz und keiner Straße zu solchen Ausschreitungen kommen." So äußerte sich Angela Merkel am Dienstag den 28. August gegenüber der Presse. Am nächsten Tag kündigten die ersten Bands, wie Die Toten Hosen, Materia, Kraftklub und Casper ihr Konzert am darauffolgenden Montagabend an. Laut Organisatoren stand das LineUp für das Konzert schon nach 24 Stunden fest. In einer Pressekonferenz am Nachmittag vor dem Konzert wurden noch 20.000 Personen erwartet, wenig später waren es schon 65.000.

Doch es gab nicht nur positive Stimmen zu dem Konzert in Chemnitz. So wurde von der Band "Feine Sahne Fischfilet" im Vorfeld auf Facebook kritisiert, dass es nicht bei dieser einzelnen Aktion bleiben darf. " Es kann jedoch nicht nur darum gehen, Montag dort hinzufahren, ein nettes Selbstbestätigungsfoto auf Instagram, Facebook, wo auch immer zu posten und zu sagen #wirsindmehr, sondern es geht darum, dass man auch mal ernsthaft checkt, dass Faschos keine kleine Randgruppe sind und dass die Mitte der Gesellschaft kein Problem mehr mit rechtsradikalen Positionen hat." so die Band am Freitag vor dem Konzert auf Facebook. Auch der Bundespräsident kam in die Kritik. So titelte die BILD-Zeitung: "Konzert gegen rechts in Chemnitz: Warum wirbt Steinmeier für linksradikale Rocker?" - Doch es ging Steinmeier nicht um Werbung für "linksradikale Rocker" sondern um #wirsindmehr an sich. Eine Sprecherin von Steinmeier äußerte sich gegenüber der WELT, es ginge Steinmeier viel mehr dadrum „Menschen zu ermutigen, die nach den aufwühlenden Ereignissen von Chemnitz für das Miteinander eintreten wollen und klar Stellung beziehen möchten gegen Fremdenhass und Gewalt. In diesem Sinn unterstützt er das Anliegen der Initiative #wirsindmehr.“

Das Konzert letztendlich war ein großer Erfolg mit 45.000 mehr Menschen als ursprünglich geplant. Es zeigt, das es in Chemnitz doch eine Mehrheit geben kann. Doch wie wird es in Chemnitz nach dem Konzert weitergehen. Die Kritik von Feine Sahne Fischfilet ist durchaus berechtigt und auch Felix Brummer, der Leadsänger von Kraftklub macht sich keine falschen Vorstellungen: „Wir sind nicht naiv, wir wissen, dass wir mit dem Konzert nicht alles verändern können“, sagt er auf der Pressekonferenz in der Chemnitzer Stadthalle vor dem Konzert. Dennoch sei es wichtig, ein Zeichen gegen den rechten Mob zu setzen. Wichtig sei es, den Protest nicht nur an diesem einem Montag, der sonst immer an die Montags-Demos von Pegida erinnert hat, sondern auch an den 364 übrigen Tagen im Jahr laut werden zu lassen.

Weitere Informationen zu Gewalt von rechts (und allen anderen extremistischen Bewegungen) findet ihr in unserem Dossier "Auf Augenhöhe - Berlin gegen Gewalt"