Check den Wedding – Kinder und Jugendliche gestalten ihren Kiez

Was ist toll am Wedding? Was stört? Was muss verändert werden? Das Projekt „Check den Wedding!“ ist diesen Fragen nachgegangen. Ziel war es, zu erfahren, wie junge Menschen den Wedding empfinden, ob vorhandene Angebote der Jugendhilfe genutzt werden und welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt. Herausgekommen ist viel mehr.

Maude Fornaro ist als Stadtteilkoordinatorin für die Kinder- und Jugendbeteiligung in Gesundbrunnen verantwortlich. Im letzten Jahr bekam sie vom Jugendhilfeplaner Marcus Lehmann den Auftrag, die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen zu erfassen, um diese in der Jugendhilfeplanung berücksichtigen zu können. Und das alles unter der Mitarbeit von Kindern und Jugendlichen. Herausgekommen ist das Projekt „Youthteam-Check den Wedding!“, das von STARK gemacht! Jugend nimmt Einfluss (Jugenddemokratiefonds Berlin) gefördert wurde.

Der Startschuss für das Projekt „Youthteam-Check den Wedding!“ fiel im März 2016. Von da an hieß es für die Projektleiterin: Kooperationspartner finden und Mitmach-Aufrufe starten. Von Beginn an dabei war das Team und die Mädchen des Jugendclubs MÄDEA: Aufgeweckte junge Damen, die das Projekt als Hauptpartner mitgestaltet haben. Weitere Unterstützung gab es von den Grundschulen aus der Umgebung und dem Jugendclub Badstraße.

„Was gefällt euch am Wedding? Was stört euch?“ – eine Straßenumfrage

Im ersten Schritt führten die Jungen und Mädchen eine Umfrage durch. Ausgestattet mit Fragebögen zogen sie in kleinen Gruppen durch die Straßen im Wedding/Gesundbrunnen und befragten andere Kinder und Jugendliche, was ihnen am Wedding gefällt, was sie stört und was sie sich für ihren Kiez wünschen.

Viele Heranwachsende mögen ihren Stadtteil und haben viel Spaß im Gesundbrunnen Center und auf den Spiel- und Fußballplätzen. Jedoch wünschen sich viele der Befragten sauberere Parks und Spielplätze, mehr Beleuchtung auf den Fußwegen und das Zurückschneiden von großen Gebüschen sowie viel mehr Freizeitangebote im Kiez. Auch ein respektvollerer Umgang der Kinder und Jugendlichen untereinander wurde genannt. Zudem fürchten sich einige vor den Alkohol trinkenden Menschen in den Parks oder vor und auf den Spielplätzen.

Insgesamt wurden bei der Peer-to-Peer-Befragung in Freizeiteinrichtungen, Schulen und im öffentlichen Raum über 500 Fragebögen ausgefüllt. Eine Zahl, auf die die Mädchen und Jungen stolz sein können.

Daumen hoch, Daumen runter - Fotostreifzüge durch den Kiez

Doch die Umfrage war noch nicht alles. Die Mädchen vom MÄDEA wollten konkrete Orte im Wedding/Gesundbrunnen aufzeigen, die ihnen gefallen oder sie stören. Ausgestattet mit Fotoapparaten zogen sie an mehreren Projekttagen los und hielten schöne, aber auch weniger schöne Ecken im Kiez fotografisch fest. Die Ergebnisse wurden dann zusammen mit Kommentaren auf Plakate geklebt. So bekamen einige Spielplätze im Bezirk einen Daumen hoch, der ganze Müll auf den Straßen hingegen klar einen Daumen runter als Kommentar.

„Hört her! Wir haben Ergebnisse!“

Nun galt es, die gewonnen Ergebnisse und Erkenntnisse öffentlich zu machen. Doch wie sollte eine Präsentation aussehen? Wieder saßen Maude Fornaro und die Mädchen von MÄDEA zusammen und überlegten sich verschiedene Möglichkeiten: Ein Buch? Eine Ausstellung? Ein Kiezrundgang? Nein, ein Fest sollte es werden! Ein Fest von und für Kinder und Jugendliche mit ganz vielen tollen Mitmach-Aktionen. Ein Ort war auch schnell gefunden: Der Spielplatz Eulerstraße, Ecke Klever Straße.

Wochenlang wurde nun geplant, organisiert und geprobt, um die vielen Wünsche der Kinder und Jugendlichen aus dem Wedding umsetzen zu können. Sogar ein extra Antrag wurde von den Mädchen geschrieben, um weiteres Geld für notwendige Dinge wie einen Stromgenerator zu bekommen. Auch ein kreatives Bühnenprogramm musste gestaltet, Plakate gemalt und Politiker*innen eingeladen werden. Doch für das tatkräftige junge Team kein Problem! Mit viel Ausdauer, Leidenschaft und Herzblut haben sie die vielen Herausforderungen gemeistert.

Ein Sommerfest mit „Check den Wedding“

Am 8. Juli war es dann endlich soweit! Mit vielen fleißigen Helfern aus anderen Jugendeinrichtungen und Stadtteilprojekten lud das „Youthteam-Check den Wedding“ zum großen Sommerfest ein. Es wurde ein buntes Fest mit vielen tollen Aktionen. So gab es für die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, u.a. Fußball und Basketball zu spielen, Stofftaschen selbst zu gestalten, sich die Hände mit Henna-Farbe zu bemalen und die Haare mit bunter Haarkreide tönen zu lassen oder sich durch das leckere Angebot des Süßigkeitenplaneten durchzuschlemmen. Zuckerwatte, Waffeln, Popcorn und mehr standen dort zur Auswahl. Fast alle Stände wurden von Kindern und Jugendlichen betreut, so wie es sich die Heranwachsenden selbst gewünscht hatten. Mit der tollen Wunderkarte vom Eingang konnte sich jeder Gast drei Mal Trinken und Essen kostenlos abholen. Ausgeteilt wurden die Karten vom freundlichen Ramazan, der jedem Besucher noch lächelnd ein Bonbon dazu in die Hand drückte. Seine ganz eigene Idee, mit der er viele Gäste glücklich machte.

„Es fehlt, es stört, es nervt!“

Neben den vielfältigen Mitmach- und Essens-Angeboten gab es ein buntes Bühnenprogramm, in dem auch die Ergebnisse der durchgeführten Umfrage auf kreative Weise präsentiert wurden. So hatten die Mädchen von MÄDEA ein Theaterstück entwickelt, bei dem sie u.a. mit guten und schlechten Dingen beschriftete und von lauten „Es fehlt, es stört, es nervt“-Rufen begleitete Kartons per Menschenkette auf die Bühne brachten. Anschließend kamen die Politiker*innen auf die Bühne und erklärten, inwiefern sie das Engagement der jungen Menschen bemerkenswert fanden und wie sie selbst mit ihrer Position die jungen Menschen unterstützen können. Danach wurde die Bühne für offen erklärt, sodass jeder, der wollte, seine Kunst präsentieren konnte: Es wurde getanzt, gesungen und gerappt - und zwar ohne Pause bis zum Ende des Sommerfestes.

Wer sich noch genauer für die Ergebnisse von „Check den Wedding!“ interessierte, konnte sich vor Ort die vielen selbstgestalteten Plakate vom Kiezrundgang und die ausgestellten Schaubilder anschauen und von den großen und kleinen Teammitgliedern erklären lassen. Auch die anwesenden Politiker*innen nutzten die Chance und wurden von Faseeha Chughtai und Sarah Awad rumgeführt. Wer selbst noch Wünsche für den Wedding hatte, konnte diese aufschreiben und am Kiezwunschbaum befestigen.

Vom Wunsch zur Realität

Die Wünsche wurden erfasst und auf dem Sommerfest feierlich der Öffentlichkeit präsentiert. Doch was passiert nun? Um dem Vergessen vorzubeugen, haben die Mädchen eine Vereinbarung mit dem Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke (SPD) geschlossen, in der wichtige Punkte wie die Straßenbeleuchtung und die zu hohen Hecken an Spielplätzen aufgeführt sind, die in Zukunft präzisiert und umgesetzt werden sollen. Ein zweites Dokument gegen die Vergessenheit wurde von Jenny Neubert und Nedim Bayat (Bündnis 90/DIE GRÜNEN Berlin) unterschrieben. In dieser weiteren Vereinbarung geht es insbesondere um die Verbesserung des Schulweges zur Rudolf-Wissell-Grundschule. Noch in diesem Jahr wollen die Mädchen nachhaken, ob die Politiker ihr Versprechen gehalten haben.

Projektabschluss bis Dezember

Die letzten Monate waren für alle Beteiligten von „Youthteam-Check den Wedding!“ aufregend, spannend und arbeitsintensiv. Herausgekommen ist ein Projekt, auf das alle Teilnehmer*innen stolz sein können. Nun gilt es für die Projektleiterin Maude Fornaro die erhobenen Daten genauer und differenzierter auszuwerten, das Projekt zu dokumentieren und die Ergebnisse in verschiedenen Ausschüssen zu präsentieren. Doch auch für die Mädchen von MÄDEA ist das Projekt noch nicht beendet. So ist u.a. ein Ausflug in den OC 23 Jugendclub in Weißensee und die Gestaltung von Taschen mit eigenen Kiezbotschaften geplant.

Und auch die Politiker*innen haben eine Aufgabe: Sie haben die Kinder und Jugendlichen nach ihrer Meinung und ihren Vorschlägen zur Verbesserung des Kiezes gefragt, jetzt ist es an ihnen, zu beweisen, dass sie die Wünsche der jungen Menschen ernst nehmen.