„Schneller kommst du nicht zum Samengenuss“ – Warum ich die Kritik an der Werbekampagne kritisiere

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am 05.09.2016

Die Bonner Firma „true fruits“ hat in den letzten Tagen viel Kritik einstecken müssen für ihre Werbeplakate. Diese wurden teilweise auch verboten. Im folgenden Text erkläre ich, warum ich die Kritik für inkonsequent halte.

Kurze Erklärung der Situation

Die in Bonn ansässige Firma „true fruits“,welche 2006 von drei Freunden gegründet wurde, sich mittlerweile um 21 Leute vergrößert hat und übrigens auch zu den Smoothie-Marktführern in Deutschland gehört, hat seit circa einer Woche eine Werbekampagne für ihre Smoothie-Produkte am Laufen, welche für viel Aufsehen sorgt. In zwei Städten wurden bereits partiell Plakate verboten. In München drei der vier Plakate. Aufstellen darf „true fruits“ dort nur noch das „Besamt und befruchtet“-Plakat. Durch einen rechtlichen Trick kann die Firma die restlichen Plakate jedoch trotzdem aufstellen. Indem dafür private Grundstücke genutzt werden, wird es den Münchnern möglich gemacht, Sätze wie „Oralverzehr – schneller kommst du nicht zum Samengenuss“, „Bei Samenstau schütteln“ und „2 Samenspender aus gutem Hause“ zu lesen.

Das Problem einer patriarchalen Gesellschaft

Nun kommen wir zur Argumentationsgrundlage der Kritiker. Kritikpunkt: Durch diese Werbung würden Männer diskriminiert und sexuell herabgewürdigt werden. Die Münchner Verkehrsbetriebe äußerten sich dazu wie folgt: "Wir lehnen das ab, weil es aus unserer Sicht gegen die guten Sitten verstößt.". Die Münchner Stadtwerke wiederrum gaben dazu kein Statement ab. Auf Twitter fallen die Worte über die true fruits Werbekampagne eher positiv und aufbauend aus. Manche finden den momentanen Trubel um die Kampagne sogar eher amüsierend:

Wie viel zahlt @truefruits der Stadt #München eigentlich für diese geile #PR-Gelegenheit? #startup pic.twitter.com/WZUzuFOwd7

— Alexander Demling (@alexdemling) 6. September 2016

Die genannte negative Kritik sagt aus meiner Sicht viel über den gesellschaftlichen Stellenwert der weiblichen Sexualität im Gegensatz zur männlichen aus .

Analysieren wir die Werbung von true fruits doch einmal.

Ganz rational lässt sich das natürlich nicht betrachten, da die Werbekampagne gezielt mit der Zweideutigkeit spielt, aber das, was Kritiker als diskriminierend und sexuell herabwürdigend beurteilen, ist aus meiner Sicht nicht gegeben.

Was wird denn genau gesagt?

„Oralverzehr“, was nicht falsch ist, da man Smoothies eigentlich oral konsumieren sollte - andere Wege sind aus meiner Sicht etwas semi-optimal. „Schneller kommst Du nicht zum Samengenuss“ ist vermutlich auch richtig. Dass die Werbekampagne natürlich auf das zweideutige Denken abzielt, treu dem Motto: „Sex sells“, ist klar und normal in der Werbelandschaft. Worin bei diesem Beispiel jetzt jedoch die sexuelle Herabwürdigung des Mannes bestehen soll, geschweige denn die Diskriminierung, ist mir unklar.

"2 Samenspender aus gutem Hause": Die Chia-Samen Säfte werden hergestellt von einem Marktführer der Smoothie- und Säftelandschaft, dies ist mit "gutem Hause" zu deuten. "2 Samenspender" ist darauf zurückzuführen, dass sich nunmal Chia-Samen in den Säften befinden.

"Bei Samenstau schütteln" lässt sich so interpretieren, dass man Säfte und Smoothies, in denen sich Fruchtfleisch und ähnliches befindet, schütteln sollte. Nun könnte die Werbung einfach ein netter Hinweis darauf sein, dass das Getränk vor dem Verzehr zu schütteln sei.

Last but not least:

"Befruchtet & besamt", der am einfachsten zu interpretierende Werbeslogan. In diesen Säften befinden sich nunmal Früchte und auch Samen, mehr wird hier nicht ausgesagt.

Und hier gibt es nochmal ein Statement eines Firmengründers von true fruits zum dritten Brief, den die Firma nun vom Werberat erhalten hat:

Mir persönlich gefällt diese Werbekampagne. Die Plakate sehen gut aus und sind gut aufgebaut, die Firma macht auf mich einen - jetzt umso mehr - sympathischen Eindruck, da sie, wie in einem Artikel der Berliner Zeitung deutlich wird, das machen, worauf sie Lust haben und dabei auch gerne über Grenzen gehen; was mir persönlich sehr gefällt. Desweiteren empfinde ich es als sehr kritisch, wenn Plakate wie diese kritisiert werden, und es jedoch Werbung gibt, die offensichtlicher sexistisch ist auch teils total kontextlos. Diese wird dann fast nur von feministischer Seite kritisiert.

Warum? Weil es großteils um die weibliche Sexualität geht und diese ja offensichtlich einen anderen Stellenwert zu haben scheint.

Um darauf aufmerksam zu machen hat die Organisation Terre des Femmes einen Anti-Wettbewerb ins Leben gerufen, der auf frauenfeindliche Werbung aufmerksam machen soll. Den Zornigen Kaktus gibt es seit 2014 und kürt seitdem einmal im Jahr die frauenfeindlichste Werbung.

Das Werbebild der Firma Bloomy Days hat den zweiten Platz des „Zornigen Kaktus" belegt. Platz eins belegte das „Meisterstück“ der Firma Bruchsal. Eine Übersicht über alle Finalisten gibt es hier.

Abschließend muss ich sagen, kann ich verstehen, dass es Leute gibt, denen beim Anblick der true fruits- Werbekampagne nicht ganz Wohl zumute ist. Nachvollziehen kann ich es jedoch nicht! In der gesellschaftlichen Wahrnehmung bietet die weibliche Sexualität eine enorme Werbetauglichkeit, doch sobald die männliche Sexualität angetastet wird, ist Schluss mit lustig (wie in Bayern). Dies kritisiere ich und fordere gleiches Recht für alle! Ganz nach dem Motto: "SEXISTISCHER KACKSCHEISS" müssen die true-fruits Plakate hängen bleiben!

Falls ihr mehr Infos haben wollt, könnt ihr euch dazu Infos auf Terre des Femmes durchlesen.

Die Stellungnahme von true fruits gibt es hier.

Gerne tausche ich mich mit euch über Twitter aus.

Alle Bilder habe ich der true fruits Presseseite entnommen.