Jungen Menschen die Chance geben, konstruktive Diskussionen auf Augenhöhe mit Politiker*innen, Menschenrechtler*innen und Schulverwalter*innen zu führen und gleich darauf tanzen gehen.
Genau das nahm sich eine kreative Initiative der Jugendorganisation FAKT! aus dem FEZ-Berlin vor. Und so entwickelten sie: "Beteiligt EUCH - Das Sommerfestival".
Ich wusste nicht was mich am Wochenende des 11. und 12. September erwarten würde. Ja klar, Bühnentalks und Musik sollte es geben. Aber wie kann man sich das vorstellen? Ein Festival, auf dem Politiker*innen aus verschiedensten Parteien eingeladen sind, über Politik reden und gleichzeitig die Musik im Hintergrund wummert?
Naja, nicht ganz. Die Bühnen waren getrennt und alles sehr übersichtlich gestaltet. Direkt an der ersten Station erwartete mich eine ziemlich coole Überraschung. Das Team hatte die Möglichkeit bekommen, die U-18 Wahlen für den Bezirk Treptow-Köpenick im FEZ abzuhalten. Perfekt! Viele junge Menschen und sogar Kinder wurden schon vor dem eigentlichen Eingang auf den Stand aufmerksam und ließen sich von ihren Eltern und den zwei hilfsbereiten Stationsleiterinnen beraten.
Das Publikum ließ auf sich warten. Leider hatten sich nur wenige dazu entschieden den Weg ins FEZ auf sich zu nehmen.
An diesem Wochenende hatten Workshopanbieter*innen, Organisator*innen und alle, die so wahnsinnig viel Arbeit in das vielseitige Programm gesteckt hatten mit einem Faktor hart zu kämpfen: Das Publikum ließ auf sich warten. Leider hatten sich nur wenige dazu entschieden den Weg ins FEZ auf sich zu nehmen.
"Woran liegt es, dass so wenige gekommen sind?", fragte ich Leonie, meine Ansprechpartnerin von FAKT!, die - von ihrem ständig piependen Walkie-Talkie auf Trapp gehalten - mit mir von Station zu Station lief. "Wir wissen es nicht." Zu wenig Werbung, zu weit außerhalb oder doch einfach zu viel anderes los in Berlin? Wir konnten nur spekulieren.
Viele verbinden wohl auch das FEZ mit ihrer Kindheit und deshalb auch nur mit Spielplatz und kleinen Kindern. Meine Reportage-Partnerin Rosa erzählte mir, aufgrund von persönlichen Kindheitserinnerungen verbinde sie diese Location nicht unbedingt mit politischen Diskussionen und Bühnentalks.
Es wurde nun alles auf eine Bühne verlegt und wir kamen zusammen, um den Politiker*innen zuzuhören und kritische Fragen zu stellen.
Bemerkenswert ist aber, wie die Situation gehändelt wurde. Keineswegs begegneten mir die motivierten jugendlichen Veranstalter*innen hilflos oder verzweifelt. Und aufgeben wollten sie schon gar nicht. Immerhin waren wir insgesamt eine ziemlich coole Truppe an politikinteressierten, motivierten jungen Leuten. Wir alle wollten an diesen Tagen unsere Meinung und Ansichten zu Themen wie Wahlalter Senkung, Schulsystem und Beteiligung junger Menschen austauschen und mit Vertreter*innen aus diesen Bereichen diskutieren.
Ich erlebte an diesem Tag einen wahnsinnigen Kraftakt junger Menschen, diesen Raum für andere zur Verfügung zu stellen. Es wurde nun alles auf eine Bühne verlegt und wir kamen zusammen, um den Politiker*innen zuzuhören und kritische Fragen zu stellen.
Zu behaupten, die Arbeit und Mühe, die in dieses Projekt gesteckt wurde, sei umsonst gewesen, weil so wenige Teilnehmer*innen kamen wäre weit gefehlt. Ich persönlich kann für mich einen enormen Gewinn von der Aktion ableiten.
"[Diesen] Systemwechsel von Schule als abgeschlossenen Raum hin zu Schule als Ort, der in die Gesellschaft hineinwirkt und sich mit einer gesellschaftlichen Verantwortung auseinandersetzt, wollen viele Schulen... da ist aber auch noch einiges zu tun."
- Louis Krüger (Projektleiter des Schüler*innenhaushalt Berlin)
Manchmal sind wir so übereifrig, dass wir eine große Gruppe unserer Generation vergessen, die es noch viel stärker abzuholen gilt.
Eigentlich ist es ja auch ganz schön cool, dass wir schlussendlich Gregor Gysi ganz für uns alleine hatten. Es entstand eine viel persönlichere Atmosphäre! Unsere kleine Gruppe konnte sich vorher schon kennenlernen, wir waren unter uns und auf einmal war auch der Druck raus, vor vielen Leuten "schlaue Fragen" stellen zu müssen. Ich glaube deshalb trauten sich viele aktiv an der Diskussion teilzunehmen.
Na klar, an diesem Wochenende konnten nicht alle Jugendliche erreicht werden. Schlussendlich stecken wir wohl doch in einer Bubble der politikinteressierten Jugendlichen unserer Zeit. Manchmal sind wir so übereifrig, dass wir eine große Gruppe unserer Generation vergessen, die es noch viel stärker abzuholen gilt. Hier muss wohl das Festival zu ihnen kommen und nicht umgekehrt. Wir kamen zu dem Schluss, dass Projekte dort, wo junge Menschen sich zwangsläufig aufhalten - also vor allem in den Schulen - am effektivsten sind. Wir müssen mit Menschen außerhalb unserer Peer-Blasen und Freundeskreise sprechen und sie begeistern. Vielleicht sollte man ihnen noch besser vor Augen führen, welche drastischen, klima- und gesellschaftsrelevanten Entscheidungen wir in der Hand haben. Und wir müssen klar mach, dass es niemandem egal sein darf, wie unsere Zukunft aussieht. Ich schlage vor, anstatt der Bundeswehr einen ganzen Schultag lang eine Plattform für Werbung an Schulen zu geben - wie es damals bei mir an der Schule der Fall war - oder zehn Mal ein und dieselbe Messe zur Berufsorientierung zu veranstalten, sollte diese Zeit viel mehr für politische Bildung genutzt werden. Von jungen Menschen für junge Menschen.
Vielleicht ist es an der Zeit, etwas an unseren eingeschlafenen Lehrplänen zu ändern. Und vielleicht müssen wir uns überlegen, einige Abstriche von unseren klassischen Fächern zu machen. Auch binomische Formeln und die französische Revolution sind wichtig. Aber in diesen Zeiten müssen sie warten, denn:
Unsere Zukunft steht auf dem Spiel!