Projekt COMMON SOUND!

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am 13.02.2019

Musik - die Sprache der Seelen. Wir alle auf der Welt kennen sie, wir alle “sprechen” sie “in verschiedenen Dialekten” - universell bleibt sie dennoch. Wer Musik hört, hört Welten, lebt Emotionen, baut Brücken zu Gefühlsdimensionen. Für jede Lebenslage gibt es einen Song oder schlicht ergreifend eine Melodie, etwas, worin wir uns wieder erkennen. Sei es pure Freude und totales Glück, leichte Entspannung oder auch mal die kleinen Schniefmomente - Musik lässt einen nie im Stich!

Das geht der siebenjährigen Franziska nicht anders. “Musik macht einfach gute Laune!”, findet sie, während sie fröhlich und selbstbewusst mit ihrer Flöte im Raum hin und her flitzt. Wir befinden uns in einem großen Bühnenraum in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin, wo uns bald ein kleines Musikfestival präsentiert wird. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, während ich mich schon mal in der großen Halle umschaue. Ein Detail nach dem anderen: Vor mir befindet sich ein großes Parkett, das sowohl von teilweise schweren, robusten Vorhängen als auch von feinen, weißen Stoffen seitlich umhüllt ist. Hinter mir steht schweres Metallgerüst; Gitter, Treppen, die bis ganz nach oben führen.

Das sind dann wohl die Facetten der Bühne, das Zentrum der Bewegungen. Und wir befinden uns nicht in irgendeinem Setting - hier wird Musik auf eine ganz besondere Weise gemacht. Hier wird vielfältig erzählt, kreativ gestaltet und dabei einander an die Hand genommen. Die Message bleibt einfach, aber effektiv: Miteinander.

Nach und nach trudeln 15- bis 20-Jährige und so manch Erwachsener - allesamt aufrecht, aufmerksam, aber auch locker - in den großen Bühnenraum der Tischlerei der Deutschen Oper ein. Hier in der Deutschen Oper, das größte Opernhaus in Berlin, kommen erfahrene Künstler*innen den Musikneulingen entgegen. “Common” - “gemeinsam” - entsteht hier ein farbenfroher Kulturtreff - und das stets im musikalischen Dialog. Unmissverständlich und doch so vielschichtig.

In dem transkultutrellen Musikprojekt “COMMON SOUND” der Jungen Deutsche Oper wird im wahrsten Sinne des Wortes Raum für Ideen, Geist und Spiel im Rahmen des kulturellen Austauschs geschaffen. Zelebriert in Berlin, Großstadtmetropole und buntes Zentrum der kulturellen Vielfältigkeit, treffen Menschen mit unterschiedlichsten Backgrounds und Geschichten aufeinander. Gemeinsam wollen sie in den Winterferien ein Mini-Festival auf die Beine stellen. Nicht nur die Teilnehmer*innen, sondern auch die Coaches bringen dabei viele spannende Einflüsse mit.

Alaa Zouiten, ursprünglich aus Marokko, leitet die Jam-Sessions ein. Die gesamte Gruppe versammelt sich auf dem großen Parkett und beginnt sich zu dehnen. Erstmal den Körper wachrütteln, lautet die Devise, da noch einige verschlafen vor sich hin gähnen. Schnell ist die Morgenmüdigkeit verflogen: Schon bereits nach einigen Minuten wird lautstark im Takt gestampft, sich aktiv in den Räumlichkeiten bewegt und die erste musikalische Energie durch die Knochen gerüttelt. Nach eineinhalb Stunden ist die Mission geglückt, der positive Flow macht sich unter den vorfreudigen Jugendlichen breit.

Die Konzeptgruppen teilen sich dabei in folgende Kategorien ein: Gesang & Poesie, Experimentelles Musizieren, Perkussion, Video & Animation und die Band. Puh, da steht ja eine Menge auf dem Zeitplan! Man merkt dennoch, dass die Gruppendynamik stimmt. Am Tag meines Besuches ist es das erste Mal, dass alle Workshopteilnehmer*innen aufeinander treffen. Viele kennen sich bereits aus der Jungen Deutschen Oper oder vergangenen Projekten der Tischlerei, andere wiederum beobachten noch recht schüchtern und zurückgezogen die Ereignisse. Sie alle jedoch blühen bei der Musik auf und finden zueinander.

“Welche Instrumente spielst du? Kommst du aus einer Musikerfamilie?”, fragt ein junger Mann mit leichtem Akzent das kleine Mädchen von vorhin. Sie, die eigentlich nur mal zum Schnuppern von den “Opernmäusen”, die Gruppe der ganz kleinen Musikbegeisterten, vorbeischaut, plappert munter drauflos. So oder so ähnlich wird mit großem Interesse und auf Augenhöhe miteinander gesprochen und das auch mit den erfahrenen Projektleiter*innen.

Die Spanierin Calma, die im Projekt den Workshop Video und Animation führt, ist begeistert: “Ich gebe den Teilnehmern Vorschläge und Inspirationen, aber das meiste gestalten sie vollkommen selbst, ohne jegliche große Hilfe.” Im Rundgang kurze Zeit später treffe ich diese Gruppe draußen am Eingang. Während die Kälte uns Außenstehenden um die Ohren pfeift, bleiben die Jugendlichen hochprofessionell. Sie drehen eine Sequenz, bei der zwei Mädchen szenisch tanzen. Es sieht schön aus, muss aber auch ziemlich anstrengend sein, so ohne Jacken lange draußen zu sein. Von Beschwerden keine Spur: Niemand zuckt mit den Wimpern, und für ein kleines Späßchen zwischendurch bleibt immer noch Zeit. Eins ist klar: Mit Bravour engagieren sich diese Junge Menschen ihrer Leidenschaft, und das stets mit dem großen Ziel vor Augen: Eine gelungene Performance auf dem Mini-Festival vermitteln zu können.

Diszipliniert bei der Sache, darauf treffe ich auch in Mischa Tangians Workshop zum Experimentellen Musizieren. Tatsächlich bleibt die Gruppe in der kleinen, aber feinen Konstellation von hauptsächlich Violinist*innen und einer Akkordeonistin. In der Probe üben sie eine Eigenkomposition, die mit orientalischen, aber auch leicht westeuropäischen Elementen angehaucht ist. Es hapert ein klein wenig an bestimmten Stellen, da das Stück komplex strukturiert ist, doch beirren lässt sich hier niemand. Und mir wird versichert: “Das klingt schon viel besser als am Vortag!”

Entwicklung, aber immer mit einem Lächeln auf den Lippen, darum dreht es sich in diesen zwei Wochen. Jeden Tag in den Winterferien aufeinanderhocken, das klingt auch anstregend. Miesepeter-Laune? Fehlanzeige!

Denn das Angebot des COMMON SOUND Projekts, das die Junge Deutsche Oper den Jugendlichen nahe bringen möchte, ist breit gefächert - Ipek Ipekcioglu macht’s vor. Wagen, ausprobieren und auch mal was anderes produzieren, darum geht’s bei ihrem DJ-Workshop. Bunte Knöpfe und Mischpulte überall, ein neonfarbenes Licht nach dem anderen lädt zu nervenkitzelnden Sounds ein. Die Programme auf den Laptops verdrehen einem den Kopf, wo soll man denn zuerst hinschauen? DJ Ipek ermutigt: “Jungs und Mädels, einfach mal ran! Das ist so cool!” Die Begeisterung ist ansteckend, die Coaches brennen für ihr Ding. Und das macht sich entsprechend gut bei den Teilnehmer*innen.

Auch die Perkussionsgruppe im Nebenraum ist da nicht weniger experimentierfreudig. Der aus Kairo stammende Muhammad Ra’far nutzt seine Kenntnisse in den verschiedensten Musikstilen wie Reggae oder Hip Hop und probiert sich mit den Schüler*innen an verschiedenen Beats aus. Ebenfalls wieder am Start ist Alaa Zouiten, der behilflich sein musikalisches Ohr zum Lauschen aufspannt. Für mich eine unbekannte Welt, da ich nicht mal einfaches Beatboxing hinkriegen kann - aber relaxed wie die Gruppe ist, bestehen keine Zweifel, dass auch hier etwas Spannendes für das Mini-Festival entstehen wird!

Einen schönen Abschluss bildet Oliver Potratz’ Band. Von Saxophon über klassisches Klavier bis hin zu - ja, was ist das eigentlich? Während ich noch angestrengt vor mich hin grübele, was genau ich denn da für ein Gitarren-ähnliches Instrument vor mir sehe, fängt der Besitzer auch schon an zu singen: Sanftes, gefühlvolles Dari, eine Version der in Afghanistan gesprochenen persischen Sprache. Verstehen tue ich leider nichts, aber dass es ein Liebeslied ist, spürt man. Der Junge schließt seine Augen, während sich die Töne von leise zu lauter abwechseln. “Gib mir dein Lächeln, schenk mir dein Lächeln.”

Und auch ich, deren Vorfahren selbst aus dem Ausland kommen, kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Das Ganze ist auch für mich eine kleine Reise in Erinnerungen und um die Erde. Es ist toll zu sehen, wie alle kulturellen Einflüsse ineinander greifen und ein künstlerisches Gesamtbild ergeben. Auch wenn ich nur kurze Einblicke erhaschen konnte, ist es erstaunlich, wie einfallsreich - mit viel Phantasie, Biss und Positivität - die Jugendlichen sich für das Thema begeistern und engagiert mit anpacken. Freundschaften werden geschlossen und vielleicht das ein oder andere von dem Gegenüber gelernt; egal ob alt oder jung.

Große Töne, viel Energie und ein einzigartiges Spektrum an Vielfalt - wer (genauso wie ich) gespannt auf das Endergebnis ist, kann die große Show am 16. & 17. Februar 2019 (Samstag + Sonntag) ab 19 Uhr mit Freunde und Familie bewundern. Mit nur 5 Euro könnt ihr in dieser tollen Vorstellung dabei sein.

Reinschauen lohnt sich!