Der Berlinale-Film, an dem ich (neben Kislota) wohl die größten Erwartungen hatte, war Berlin Bouncer. Ein Film über die Berliner Clubkultur und des Geheimnis ihres Erfolges. Dafür hat David Dietl, der Regisseur des Filmes, vier Türsteher über Jahre hinweg mit der Kamera begleitet. Zum einen Smiley Baldwin, Türsteher vom Delicious Doughnuts, der in den Achtzigern nach Westberlin kam. Oder auch Frank Künster, der jahrelang die Taschen der Besucher des King Size kontrollierte. Der bekannteste Türsteher des Filmes ist aber wohl Sven Marquadt. Er sucht Abend für Abend vor dem Berghain aus, welche Gäste zur Party passen und welche nicht. Somit haben wohl auch die Türsteher die Berliner Clubkultur maßgeblich mitgeprägt.
Auch im Film wird die korrekte Tür zum Thema. 5.000 Menschen können nicht in einem Club, in den nur 2.000 Personen reinpassen. Also muss selektiert werden. Doch wie selektiert man? Diese Frage wurde auch im Film versucht zu beantworten. So kommt auch immer wieder vor, dass Berliner Clubs Rassismus vorgeworfen wird, weil sie etwa Menschen mit dunkler Hautfarbe ablehnten. So kam es bei einer Silvesterparty 2018 bei der Berliner Kulturbrauerei zu einem Zwischenfall, bei dem Maher Marwa, ein 22-jähriger Syrer, der zum ersten Mal in einem Berliner Club feiern gehen wollte, an der Tür aber abgewiesen wurde. Damit wird die gerechte Tür zum Politikum. Lehnt der Türsteher den Gast wegen seiner Hautfarbe ab oder einfach nur, weil er nicht zur Party passt? Vorfälle wie diese kommen häufiger vor, allerdings lassen die sich in den seltensten Fällen im Nachhinein noch überprüfen.
Die große Frage des Filmes ist es, was denn nun das Geheimnis des Erfolges der Berliner Club-Kultur ist und warum Clubs wie das Berghain Jahr für Jahr zu den besten Clubs der Welt gewählt werden. Doch diese Frage wird einfach nicht beantwortet. Die Türsteher antworten auf das Nachhaken des Redakteurs, was denn nun die richtige Mischung ist, sehr schwammig. Das richtige „Bauchgefühl“ sei entscheidend. Das ist ja auch irgendwie klar, denn die wenigsten Clubs werden das Geheimnis ihres Erfolges so einfach preisgeben. Zwar ist der Erfolg nicht nur von den im Club anwesenden Leuten abhängig (sondern auch vom richtigen Booking, Management, Licht- und Tontechnik und gastronomischen Angebot), aber sie tragen auf jeden Fall einen wesentlichen Teil dazu bei.
Ein nicht zu unterschätzendes Problem in Berlin ist das Clubsterben. So musste auch das King Size des im Film porträtierten Türstehers Frank Künster schließen. Anwohner hatten sich immer wieder über den Lärm, der beim Barbetrieb durch die Gäste entstanden ist, beschwert. Doch die Schließung des King Size ist kein Einzelfall. So kommt es immer öfters vor, das bekannte Szene-Institutionen schließen müssen, da Anwohner gegen den Lärm klagen. Auch der Club „Schokoladen“ stand zeitweise vor dem aus.
Einst wollte der Laden Konzerte, Partys und alternative Lebensstile zusammenbringen, jetzt häufen sich die Beschwerden von Anwohnern. Eine Nachbarin, die neu in die Stadt gezogen war klagte. Sie wollte mittendrin in der Stadt sein, da wo das Leben tobt – allerdings bitte nur von acht bis 22 Uhr. Viele Clubs werden dazu gezwungen, besseren Lärmschutz einzubauen. Dies bedeutet jedoch oft den finanziellen Ruin, da der Einbau schnell mal in den fünfstelligen Bereich gehen kann. All diese Problematiken, die ja in gewisser Weise einen ganzen Kulturzweig bedrohen, werden in dem Film zwar angerissen, allerdings nicht tiefergehend beleuchtet. An dieser Stelle hat David Dietl einiges an Potential verschenkt.
Generell scheint Dietl es nicht gelungen zu sein, in das Berliner Nachtleben reinzukommen. Die Türsteher haben ihn mit den Worten „Sorry, heute nur Stammgäste“ abgewiesen. Wer wirklich etwas über das Berliner Nachtleben lernen möchte, hätte die 15 Euro vielleicht besser für den Eintritt in einen guten Berliner Szene-Club verwendet und nicht für diesen Film.