Je später die Stunde, ...

am 08.09.2017

Während in den Hallen des Messegeländes Berlin über 100.000 Menschen die neueste Technik bewunderten, fanden sich im Sommergarten zum achten Fritz DeutschPoeten-Festival national bekannte Künstler*innen zusammen. Am Freitag waren es Milliarden, Madsen und Jennifer Rostock, die ca. 13.000 Besucher begeisterten.

VON SINA UND JANIK EMIL Das Line-Up des diesjährigen Fritz-Deutschpoeten-Festivals scheint bei keinem Wünsche offen gelassen zu haben. Den Anfang machte am noch jungen Abend die sechs-köpfige Rockband Milliarden. Vor knapp einem Jahr noch als Vorgruppe von „Ton Steine Scherben" unterwegs, hatten sie dieses Jahr die ehrenwerte Aufgabe, das DeutschPoeten-Festival zu eröffnen. Die Fans erwartete Rock auf höchstem Niveau. Milliarden hatten sogar schon einen Auftritt auf dem "Rock am Ring"-Festival.

Aller Anfang ist schwer

Jedoch - wie eigentlich jedes Jahr - hat die Auftaktband es immer am schwersten: Nur wenige Fans haben sich vor der Bühne schon versammelt, wenige Leute haben sich generell schon auf dem Festivalgelände eingefunden und die Menge ist noch nicht in der richtigen Partystimmung. Allerdings gerade der letzten Punkt kann bei Milliarden nicht bestätigt werden. Sie schafften es trotz dieser hemmenden Faktoren, die Zuschauer aufzuwecken und schafften damit den perfekten Übergang zur nächsten Band.

Zeit zum Mitsingen – Madsen auf der Bühne

Nach der ca. 30-minütigen Umbaupause folgte Madsen. Davor wurden die Bierbecher aufgefüllt, die Stimmung hebte sich. Der Platz vor der Bühne wurde voller, die Wiese dichter besetzt. Es wurde lauter. Nach dem 10-jährigen Jubiläum ist die Indie-Rock-Band schon deutlich bekannter als Milliarden. Merkbar auch daran, dass die Songs flüssiger mitgesungen werden konnten. Es wurde mehr getanzt, auf den Rängen wurden private Gespräche eher eingestellt. Der erste Höhepunkt war bei "Mein Herz bleibt hier" erreicht.

Die Liebe zu Berlin drückt die Band Madsen gern aus. Sie spielen mit dem Publikum, genießen sichtlich die Aufmerksamkeit. Während die Band um die Brüder Johannes, Sebastian und Sascha Madsen bereits seit 13 Jahren ihre Hits auf Festivals und eigenen Tourneen präsentieren, herrscht auch im Publikum eine familiäre Stimmung. Die Texte musste man nicht kennen, um den Auftritt genießen zu können. Auch als die Sonne hinter der Bühne unterging, entstand eine gemütliche Lagerfeuer-Atmosphäre.

Krönender Abschluss am Freitag: Jennifer Rostock

Das Schlusslicht des Abends bildete Jennifer Rostock. Bier wurde vorher wieder aufgefüllt, die letzten Zuschauer betraten den Sommergarten. Auf rein musikalische Details muss man nicht groß eingehen. Ein Ohrwurm nach dem anderen wurde performt.

„Wie wär´s noch mit ‘nem Schnaps?!“(Jennifer Weist). Die Menge grölt: „Ja“. Jennifer Weist ruft: „Zicke zacke, zicke zacke“, die Menge antwortet lautstark: „Hoi, hoi, hoi!!!“ und weiter geht’s. Frontfrau Jennifer Weist fiel vor allem wieder durch ihre sehr freizügige Kleidung auf. Passend zu den politischen Texten und zusammen mit der rockigen Linie, die sich wie ein roter Faden durch den Abend zog, war die Band ein perfekter Abschluss für den ersten Abend.

Fritz DeutschPoeten - Runde 2

Am Samstag ging das DeutschPoeten Festival dann schließlich bei sonnigem Wetter in die zweite Runde. Gleich zu Anfang gab es noch eine unerwartete Überraschung: es wurde zwar schon im Voraus angekündigt, dass die Gruppe Kings of Ludwigsburg auftreten wird, jedoch war dies ein Pseudonym für Philipp Poisel. Kurz nach der Anmoderation des Radiofritzen Chris Guse, schlich sich Philipp Poisel mit samt seiner beiden Bandmitglieder auf die geheime Zwischenbühne.

Die Idee sei gewesen, erklärte der Radiomoderator wenig später, dass die Fans belohnt werden sollten, welche sich schon von Anfang an vor der Mainstage aufhielten. So hatten sie die Chance, den „Star“ des Abends hautnah und in wesentlich kleinerem Kreis zu erleben.

Nach nur 10 Minuten von „Kings of Ludwigsburg“ ging es gleich weiter mit Lotte, die leichtes Spiel bei ihrem Auftritt hatte, da die Menge durch ihren Vorgänger schon genug aufgeheizt war.

Wenig später traten Ace Tee (aka Tarin Wilda) & Kwam.e auf. Mit ihrem originellen Beat schafft sie einen Sound, der den Nerv in der urbanen Szene genau trifft. Gerade mit ihrem Song „Bist du down“, der ihr zum großen Durchbruch im Musikbusiness verhalf und gleichzeitig ihr berühmtester Song ist, konnte sie auch die Zuschauer zum Tanzen bringen, welche an den Fressbuden standen.

Der nächste Künstler, Jimmy Ragusa, ist 23 Jahre alt und wuchs in Zürich auf. Ähnlich klangvoll wie sein Name ist auch die Musik der Band Faber! Besonders beeindrucken kann die Truppe von vier Männern durch ihre Leidenschaft für Musik. Dies sticht nicht nur in den Texten oder in der Auftrittsweise hervor, sondern vielmehr im musikalischen Talent. Die Band schafft wie keine andere Musik, die echt, emotional und ohne elektronische Hilfsmittel funktioniert.

Teamvibration für alle

Friedrich Kautz, wohl bekannter als Prinz Pi, war dann der vorletzte Act an diesem Abend. Er hat die Entwicklung des deutschsprachigen Raps in den letzten Jahren geprägt wie nur wenige. Seit Jahren fliegt Prinz Pi ganz knapp unter dem Radar des Riesenerfolgs und hat sich genau deswegen umso mehr den Platz auf der Bühne verdient. Wie gewohnt schaffte er es durch seine Aktionen auf der Bühne, die Energie im Publikum zu aktivieren – oder wie er es nannte: „Das ist gut für unsere Teamvibration“! Nach mehrmaliger Ankündigung von Prinz Pi, dass nochmal richtig Party für den letzten Act gemacht werden solle, war es dann schließlich soweit.

Der ruhige Ausklang

Philipp Poisel betrat die Bühne und leitete damit das große (oder leider in seinem Fall: das kleine)Finale der DeutschPoeten ein. Denn mit seinen leidenden Texten als Liedermacher passte er leider nicht so richtig in den Rahmen. Zudem spielte er fast ausschließlich Songs aus seinem neuem Album „Mein Amerika“- mit der Folge, dass eigentlich nur die hardcore Fans mitsingen konnten.

Schlussendlich kann man sagen, dass trotz des etwas schwächeren Abschluss, die DeutschPoeten eine tolle Möglichkeit bieten, eine Auswahl an (neuen) deutschen Musiker*innenlive zu sehen. Musiker *innen, die entweder schon den Sprung in die Berühmtheit geschafft haben, oder solche, die kurz davor stehen. Also eindeutig ein Daumen hoch von den jup! Redakteur*innen und wir freuen uns schon aufs nächste Jahr.

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