FILM FEEDBACK: Folge 16

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am 01.02.2019

 

Aktuell: Green Book - Eine besondere Freundschaft (US 2018, R: Peter Farrelly, FSK 6)

Seit vor einigen Jahren die Bewegung „Black Lives Matter“ internationale Bekanntheit durch Demonstrationen erlangte, hat man das Gefühl, dass sich auch Hollywood mit dem Thema beschäftigt und versucht seine Konventionen zu ändern. So kamen in den vergangenen Jahren nicht wenig Filme in die Kinos, in denen das Leben von Afroamerikanern im Fokus stand. Beispiele hierfür sind HIDDEN FIGURES, FENCES, BLACK PANTHER, MOONLIGHT, 12 YEARS A SLAVE, IF BEATLE STREET COULD TALK, GET OUT und noch viele viele andere. Zu diesen Filmen gesellt sich nun auch der neue Film des DUMM UND DÜMMER – Regisseurs Peter Farrelly.

GREEN BOOK erzählt, wie der Titel bereits andeutet, von der besonderen Freundschaft zwischen dem begnadeten schwarzen Pianisten Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) und seinem Fahrer, dem Italo-Amerikaner Tony Lip (Viggo Mortensen). Dr. Don Shirley will auf eine Tournee gehen, die ihn aus dem verhältnismäßig aufgeklärten und toleranten New York in die amerikanischen Südstaaten führt. Da er einen Chaffeur benötigt, engagiert er schließlich Tony Vallelonga, genannt Tony Lip, der bisher als Türsteher arbeitete und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Der Titel ist dem sogenannten Negro Motorist Green Book nachempfunden, welches die Unterkünfte und Restaurants auflistet, in denen auch schwarze Gäste willkommen sind.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten entwickelt sich mit fortlaufender Tournee eine Freundschaft zwischen den zwei komplett verschiedenen Charakteren. Im Laufe des Films nähern sie sich freundschaftlich immer weiter an und machen ihren Gegenüber sogar ein Stück besser.

In GREEN BOOK sind die Rollen gewissermaßen vertauscht, als was man sonst in Filmen über das Leben der Afroamerikaner in den 60er Jahren erfährt. Damit meine ich, dass in den meisten Filmen das Klischee eines reichen, gebildeten weißen Mann bedient wird, der einen scharzen Diener hat. Die Problematik entfaltet sich in GREEN BOOK jedoch in etwas anderer Weise und hierbei würde ich gerne ein Zitat aus dem Trailer verwenden, dass mich im Film überraschte, weil ich es zunächst anders gedeutet hatte.

Im Trailer gibt es eine Szene, in der Dr. Don Shirley im Regen steht und zu Tony folgendes sagt: „So if I'm not black enough and if I'm not white enough, than tell me Tony, what am I?“ (im Deutschen: „Wenn ich nicht schwarz genug bin und nicht weiß genug, dann sag mir doch Tony, was bin ich?“). Als ich diesen Satz das erste Mal im Trailer hörte, fand ich ihn zunächst etwas seltsam, doch im Film schließlich hat er mich wirklich hart getroffen und emotional gemacht. Die Dinge, die man bereits gesehen hat, spielen da natürlich auch mit rein, jedoch ergibt dieser Satz plötzlich sehr viel Sinn, weil Dr. Don Shirley nirgendwo wirklich hinpasst (wenn ihr den Film seht, wird mein seltsames Gerede für euch Sinn ergeben, ich will nur nicht zu allzuviel vorwegnehmen.).

Das Schönste an diesem Film ist wohl, dass er auf einer wahren Geschichte, also einer wahren Freundschaft beruht, was mich am Ende, als Bilder der realen Personen gezeigt und erzählt wurde, wie die Freundschaft noch bis zum Tod erhalten blieb, dann doch zum Weinen gebracht hat. Weinen vor Freude natürlich, also sozusagen positives Heulen.

Wie bereits erwähnt, werden die zwei Protagonisten von Viggo Mortensen und Mahershala Ali verkörpert. Mahershala Ali ist beispielsweise aus die DIE TRIBUTE VON PANEM, HOUSE OF CARDS oder MOONLIGHT bekannt. Für letzteren erhielt er 2017 den Oscar als Bester Nebendarsteller und auch 2019 ist er als Bester Nebendarsteller nominiert. Zudem erhielt er dieses Jahr bereits einen Golden Globe als Bester Nebendarsteller für GREEN BOOK und die Auszeichnung ist meiner Meinung nach verdient, weil er die Rolle des schwarzen Musikers großartig spielt. Ich würde Mahershala Ali zwar eher als zweiten Protagonisten bezeichnen und nicht als Nebendarsteller, aber das ist im Endeffekt wohl eine Interpretationssache.

Viggo Mortensen ist seinerseits auch kein Unbekannter. So verkörperte er beispielsweise Aragorn in der HERR DER RINGE – Trilogie oder spielte in Filmen wie CAPTAIN FANTASTIC oder PSYCHO aus 1998 mit. Auch er hat eine Oscar Nominierung für GREEN BOOK erhalten, jedoch in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“. Ich muss allerdings anmerken, dass Viggo Mortensen wirklich alt geworden ist und man ihm das durchaus ansieht. Klar, ein wenig hat es auch mit dem Charakter zu tun, den er verkörpern solle, aber die Zeit bleibt für niemanden von uns stehen und seit dem ersten HERR DER RINGE Teil sind schließlich auch 18 Jahre vergangen. Sein schauspielerisches Talent hat er allerdings nicht eingebüßt, sodass er seine Figuren immer noch sehr überzeugend verkörpert.

GREEN BOOK ist wirklich emotional, mitreißend und sehr gut gemacht. Er überzeugt mit gutem Schauspiel, guter Musik und einer tollen Geschichte. Insgesamt wurde der Film bereits mit drei Golden Globes ausgezeichnet und ist mit fünf Oscar Nominierungen bei den 91. Academy Awards vertreten, die meiner Meinung nach auch mehr als gerechtfertigt sind.

GREEN BOOK, der ab dem 31. Januar 2019 in den deutschen Kinos läuft, kann ich euch nur wärmsten ans Herz legen

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Klassiker: Bram Stocker's Dracula (US 1992 , R: Francis Ford Coppola, FSK 16)

Wenn auf einem Film der Name Francis Ford Coppola steht, kann der Film ja fast nur gut werden. So ist Coppolas Interpretation des berühmten Grusel Romans von Bram Stocker nicht nur mit großartigen Schauspielern besetzt, sondern auch noch hervorragend inszeniert.

Für alle von euch, die unter einem Stein leben und noch nie von Dracula gehört haben, hier eine kurze Zusammenfassung des Films:

Seitdem seine Frau Elisabeta (Winona Ryder) im 15. Jahrhundert exkommuniziert wurde, nachdem sie sich aus Trauer über eine Falschmeldung vom Tode Draculs das Leben genommen hatte, verbringt der rumänische Prinz Vlad Dracul sein Leben als Vampir.

Als nun der Anwaltsgehilfe Jonathan Harker (Keanu Reeves) von Graf Dracula höchst persönlich nach Transsylvanien gebeten wird, um den Kauf einiger Immobilien in London abzuschließen, entdeckt Dracula durch einen Zufall, dass Mina (Winona Ryder), die Verlobte von Harker, seiner verstorbenen Frau Elizabeta bis aufs Haar gleicht. So macht sich Dracul in Gestalt eines attraktiven Mannes auf den Weg nach London um dort seinen Charme spielen zu lassen und die scheinbare Wiedergeburt Elisabetas in seinen Bann zu ziehen. Währenddessen ernährt er sich vom Blut Lucy Westenra (Sadie Frost), einer Freundin von Mina. Aber Dracul hat die Rechnung ohne Vampirjäger Prof. Abraham van Helsing (Anthony Hopkins) und Jonathan Harker gemacht, die ihm auf den Fersen sind und Mina schützen wollen.

Zuallererst wil ich sagen, dass der Film nicht wirklich gruselig mit Jumpscares oder ähnlichem ist, sondern eher allgemein eine unheimliche Stimmung erzeugt. Die Bilder, Stimmung und Atmosphäre sind sehr dunkel, wodurch ein etwas anderes Gruselerlebnis entsteht. Zudem zählt Dracula sowohl als Roman, als auch als Film als echter Klassiker, weswegen es Unmengen an Verfilmungen gibt. Ich persönlich mag die Verfilmung mit Gary Oldman allerdings am liebsten, aber das ist wohl eine Geschmackssache.

Das liegt nicht nur an den bildstarken und -gewaltigen Inszenierungen und interessanten Kameraeinstellungen, sondern auch an den schönen Übergängen zwischen den Szenen, die mein cinephiles Herz höher schlagen lassen. So verwandeln sich in einer Szene beispielsweise die Bisswunden in Wolfsaugen. Bezogen auf die Kameraeinstellungen, haben mich besonders Draculas Point-of-View Einstellungen beeindruckt, also die Szenen, in denen man aus seinem Blickwinkel sieht, wie er seine Opfer umbringt.

Diejenigen von euch, die meine Kritiken schon etwas länger lesen, sollten inzwischen wissen, dass ich eine Bewunderung für Regisseure und Filme habe, die sich noch richtig mit Filmkunst auseinandersetzen. So finde ich auch die Szene, in der Mina und Dracula gemeinsam das Attraktionskino besuchen sehr interessant, da der Film sich mit sich selbst und dem Medium Film im Allgemeinen auseinandersetzt.

Zudem könnte man die Referenz auf das frühe Kino, dem Kino der Attraktion, als Referenz auf sich selbst lesen, da es im Kino der Attraktion mehr um die Inszenierung eines Spektakels, als um die Handlung an sich ging. Heutzutage findet man solche Strukturen höchstens noch in Actionfilmen oder eben im Horror-Genre.

Auch wenn BRAM STOKER'S DRACULA teilweise unrealistisch ist und es einige angedeutete, seltsame Sex-Szenen gibt, so ist der Film nichtsdestotrotz sehr eindrucksvoll und mit grandiosen Schauspielern, wie Gary Oldman, Wiona Ryder, Keanu Reeves, Anthony Hopkins, besetzt.

Gary Oldman ist seinerseits sehr verwandlungsfähig, sodass er allein in BRAM STOKER'S DRACULA drei sehr verschiedene Looks als Dracula hat. Oder auch, wenn man ihn in Filmen wie Harry Potter, Fifth Element, Planet of the Apes oder zuletzt in Darkest Hour (für den er 2018 den Oscar als besten Schauspieler bekam) sieht, erkennt man ihn kaum wieder.

Und auch Coppola hat in seiner Zeit als Regisseur großartige Filme wie Apocalypse Now!, Der Pate oder The Virgin Suicides gedreht. Seine Tochter Sofia Coppola hatte demzufolge große Fußstapfen, in die treten musste oder mehr wollte. Aber das Filmemmachen liegt wohl in der Familie Coppola, denn auch Sofias Filme sind keine unbekannten. So kennt man sie durch Filme wie Lost in Translation (Kritik hier), Marie Antoinette oder in 2017 Die Verführten. Zudem hat sie schon in einigen Filmen ihres Vaters als Schauspielerin mitgewirkt.

BRAM STOCKER'S DRACULA ist demzufolge ein Film, mit dem man nichts falsch machen kann. Nicht umsonst gilt er als die wohl erfolgreichste Neuinterpretation des Vampirmythos.

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Verrückt: Pan's Labyrinth (MEX/US/ES, R: Guillermo del Toro, FSK 16)

Die junge Ofelia (Ivana Baquero) zieht gemeinsam mit ihrer schwangeren Mutter Carmen (Adriana Gil) zu ihrem neuen Stiefvater Capitán Vidal (Sergi Lopez) in die nordspanischen Berge, wo der erbarmungslose Hauptmann Partisanen jagt. Auf dem Weg zum Lager der faschistischen Truppen begegnet Ofelia einer Fee, die sie zu einem Fabelwesen, dem Pan (Doug Jones) bringt. Dieser Pan erklärt Ofelia, dass sie eine verloren geglaubte Prinzessin sei, die nach drei Prüfungen in ihr Reich zurückkehren dürfe. Diese Prüfungen würden nachweisen, dass die Prinzessin immer noch würdig sei an der Seite ihres Vaters zu sitzen und über das Land zu regieren. Während Ofelia sich mit der Bewältigung der schwierigen Aufgaben beschäftigt, bei denen sie auf Monstern und ekeligen Tiere trifft, gibt es Komplikationen in der Schwangerschaft ihrer Mutter. Das Hausmädchen Mercedes (Maribel Verdú), das heimlich den Rebellen in den Bergen hilft, muss sich von nun an um das junge Mädchen kümmern. Ofelia ihrerseits setzt alles daran, ihrer Mutter zu helfen und die Prüfungen zu bestehen...

Die Atmosphäre und Stimmung in PANS LABYRINTH ist eher düster und trist, allerdings ist der Film auf Grund einer dunklen Inszenierung nicht weniger gut. Der Film spielt im Jahr 1944, zur Zeit des Konflikts zwischen den faschistischen Kräften Francos und den republikanischen Rebellen in den Bergen Nordspaniens. 1939 hatte Franco die Macht in Spanien übernommen und ein autoritär-faschistischen Regiemes eingeführt. So gleicht die Atmosphäre und Stimmung im Film, der düsteren Atmosphäre zu dieser Zeit. Die blau-grauen, kalten Farben der Realität stehen hierbei im Kontrast zur farbenfrohen Fantasiewelt, die mit warmen, golden-bernsteinfarbenen Farben inszeniert wurde und somit deutlich zeigt, wo Ofelias Leben besser wäre.

Regie führte Guillermo del Toro, der im letzten Jahr mehrere Oscars mit seinem Film THE SHAPE OF WATER gewann. Zudem arbeitet er in PAN'S LABYRINTH auch mit Doug Jones zusammen, der den Fischmenschen in SHAPE OF WATER verkörpert und in diesem Film gleich zwei Rollen übernimmt. Weitere Filme des mexikanischen Regisseurs sind Hellboy I und II, Pacific Rim, sowie Crimson Peak. Die damals 12-jährige Ivana Baqueros, die Ofelia verkörpert, ist aus der Amazon Prime Serie THE SHANNARA CHRONICLES bekannt.

Gueillermo del Toro schafft sowohl in SHAPE OF WATER, als auch in PANS LABYRINTH eine ganz eigene Welt, die sich zwar an vielen Stellen mit der Realität überschneidet, jedoch nicht mit dieser identisch ist. Der Glaube an das Wunderbare und Magische ist von großer Bedeutung, da das Wunderbare nur für denjenigen sichtbar ist, der daran glaubt. Die Fantasiewelt, dessen Prinzessin Ofelia ist, kann demzufolge zunächst nur sie sehen. Es lässt sich in diesem Punkt allerdings auch eine gewisse eskapistische Haltung erkennen. Diese Märchenwelt bildet für Ofelia eine Fluchtmöglichkeit vor der Realität, die von Angst, Gewalt und Unsicherheit geprägt ist. Märchen im allgemeinen und die Märchentradition sind in PANS LABYRINTH generell von Wichtigkeit, da beispielsweise am Anfang und am Ende mittels eines Erzählers, wie einem klassischen Märchenerzähler, eingeführt und geschlossen wird. Des Weiteren lassen sich klassische Märchenstrukturen finden, wie beispielsweise Ofelia als Heldin und Vidal, ihr Stiefvater und die Monster als ihre Gegenspieler.

Zudem hat der Film offenes Ende, welches ich natürlich nicht verraten werde, sodass man nicht genau weiß, ob es ein guter oder schlechter Ausgang der Geschichte ist. Der Film beginnt zwar gewissermaßen am Ende der Geschichte, bevor er an den Anfang springt, Ofelias Geschichte erzählt, sowie die Umstände erklärt, die zu diesem Punkt geführt haben, aber ich möchte den Spaß am Film nicht vorwegnehmen.

Der Titel, der im Original EL LABERINTO DEL FAUNO heißt, ist jedoch ein Übersetzungsfehler oder mehr eine falsche Aussage, denn das Fabelwesen, das Ofelia durch ihren Prüfungen leitet, ist keineswegs der griechische Hirtengott Pan, sondern ein einfacher Faun. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Pan ein Faun ist, aber nicht jeder Faun der Pan. Dieser Fehler rührt vom englischen Titel des Films her. Um eine Verwechslung der im Englischen gleich klingenden Worte faun und fawn (dt. Rehkitz) zu vermeiden, wurde der Name in der englischen Fassung in Pan umgeändert und die deutsche Synchronisation hat diese Umänderung des Titels später übernommen.

Der Film hat zudem einige Auszeichnungen gewonnen, wie beispielsweise jeweils einen Oscar für die Beste Kamera, das Beste Szenenbild und das Bestes Make-up bei den Academy Award in 2007. Im gleichen Jahr erhielt er zudem mehrere Goya Preise, dem spanischen Filmpreis.

Abschließend möchte ich sagen, dass PANS LABYRINTH ein toller Film mit einer interessanten Geschichte und tollen Schauspielern ist. Besonders die Darbietung der noch jungen Ivana Baqueros finde ich überzeugend und mitreißend.

Allgemein: Bird Box - Schließe deine Augen (US 2018, R: Susanne Bier, FSK 16)

Es ist ein Netflix Film, der zur Zeit in aller Munde ist. Die Rede ist natürlich von BIRD BOX mit Sandra Bullock in der Hauptrolle. Laut eigenen Aussagen von Netflix streamten 45 Millionen Accounts den Film in den ersten sieben Tagen, was ein Rekord für Netflix Eigenproduktionen darstellt.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Josh Malerman, der 2014 erschien, und erzählt die Geschichte einer kleinen Familie in einer postapokalyptischen Welt. Das Problem sind angsteinflößende Monster, die ihr Opfer mittels Halluzinationen in den Selbstmord treiben. Der einzige Ausweg um zu überleben? Diese Monster nicht ansehen und sich nicht dazu verleiten lassen, die schützende Augenbinde abzunehmen.

BIRD BOX erzählt seine Geschichte zudem mittels Rückblenden, wodurch eine zweite Zeitebenen eröffnet wird. Es stehen sich die Reise auf dem Fluss und die Rückblenden gegenüber, in denen die Umstände erzählt werden, wie die Figuren an diesen Punkt gelangt sind. Es ist spannend die Handlungen zu analysieren, um herauszufinden, was passiert ist und man grübelt selbst mit, wie es zu einem bestimmten Umstand gekommen sein könnte.

Ich finde das Konzept von BIRD BOX sehr interessant. Dieses „man darf nicht hinsehen, ansonsten stirbt man“ hat einen gewissen Reiz und den ganzen Film über herrscht eine angespannte Stimmung und Spannung, die selbst in den Tag-Szenen erhalten bleibt. Mich persönlich hat die Konzeption etwas an A QUIET PLACE erinnert, den ich zwar noch nicht gesehen habe, aber in dem die Monster sehr gut hören können und man keine Geräusche machen oder gar sprechen darf, ansonsten wird man umgebracht. In beiden Filmen wird mal also gewissermaßen einem seiner Sinne beraubt ist und sich so den bösen Mächten stellen muss.

Was den Gruselfaktor dieses Films noch erhöht ist die Tatsache, dass man im gesamten Film keines dieser besagten Monster zu Gesicht bekommt. Alles was man über diese Monster erfährt ist das, was die Figuren über die Wesen erzählen und was es mit den Opfern anstellt. In der einen Szene liegen zudem einige Zeichnungen eines geisteskranken Mannes auf einem Tisch, sodass man eine Ahnung seiner Sichtweise auf die Monster erhält. Das, was die Opfer übrigens sehen, ist von den individuellen Ängsten und persönlichen Verlusten beispielsweise geliebter Menschen abhängig. Der Ausgang ist allerdings bei allen der Gleiche: Wer hinsieht, der stirbt.

So ist BIRD BOX ein spannender und mitreißender, als auch emotionaler Film, der für mich eine ganz eigene Art des Horrors aufbaut. Er hält zudem die Waage zwischen Spannung und Gefühlen, sodass man nicht durchgängig verängstigt ist, sondern mit den Charakteren ebenfalls mitfühlt.

Das Ende des Films unterscheidet sich allerdings von dem des Buches. Das Ende des Romans ist wesentlich deprimierender, wohingegen der Film einen eher positiven Ausblick gibt.

Desweiteren ist das Schauspiel in BIRD BOX sehr gut und allein für Sandra Bullock, lohn sich dieser Film. Für Menschen von euch, die Sandra Bullock nicht mögen vielleicht eher nicht, aber im Allgemeinen zählt Bullock ja schon als gute Schauspielerin, die nicht umsonst viele Auszeichnungen erhält. Aber nicht nur Sandra Bullock, sondern besonders die Kinderschauspieler von Boy und Girl liefern eine sehr authentische Peformance ab.

Der einzige Nachteil an BIRD BOX ist der Umstand, dass man ihn zwar vereinzelt im Kino sehen kann, ansonsten jedoch ausschließlich auf Netflix, was für alle ein Problem ist, die kein Abonement bei diesem Streaming Anbieter besitzen. Dieses Problem hat man bei bestimmten Streaming Diensten, besonders Netflix, allerdings häufiger.

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Allgemein: All my loving (D 2019, R: Edward Berger, FSK 12)

Der Film ALL MY LOVING erzählt in episodischer Struktur die Geschichten dreier Geschwister, die alle parallel stattfinden und verschiedene Problematiken thematisieren. Die Hauptrollen spielen Lars Eidinger (Stefan), Nele Mueller-Stöfen (Julia) und Hans Löw (Tobias). Alle drei sind an einem Wendepunkt ihres Lebens angekommen und müssen erkennen, dass ihr Leben so nicht weiterlaufen kann. Stefan ist Pilot, besitzt schnelle Autos, eine große Wohnung und hat viele Geliebte. Als er jedoch zunehmend sein Gehör verliert, muss er einsehen, dass seine Erkrankung nicht vom vielen Stress herrührt und mit Ruhe kuriert werden kann, sondern dass er seinen geliebten Job aufgeben muss. Weil er dies zunächst nicht wahrhaben will, gibt er vor, beispielsweise seiner Tochter gegenüber, weiterhin Flüge zu "leiten" und reißt in seiner Pilotuniform Frauen in Hotelbars auf.
Julia und ihr Mann Christian (Godehard Giese) fahren gemeinsam in den Urlaub nach Turin, wo eines Abends ein Straßenhund angefahren wird. Julia will den Hund nicht sterben lassen und kümmert sich zunächst liebevoll um die Genesung des Hundes. Als der Hund wieder gesund ist, dreht sich ihr gesamter Tagesablauf nur noch um diesen Hund, weswegen die Situation schließlich bei einem gemeinsamen Abendessen mit einem befreundeten Paar eskaliert.
Tobias ist Hausmann, der sich um die drei Kinder kümmert und mit 30 immer noch studiert, während seine Frau Maren (Franziska Hartmann) für den finanziellen Unterhalt der Familie Verantwortung trägt. Als jedoch sein Vater (Manfred Zapatka) erkrankt, der bisherige Pfleger kündigt und keiner seiner Geschwister die Zeit aufbringen kann, zu den Eltern zu fahren um sich um den Vater zu kümmern, fährt Tobias zu seinen Eltern aufs Land. Dort ist seine Mutter gerade dabei mit Hilfe einiger Handwerker das Bad zu renovieren, während sein Vater trotz Herzproblemen und Schmerzen in den Beinen sich stur stellt und sich weigert ins Krankenhaus zu fahren.

Der Film erzählt in emotionaler und mitreißender Weise von den Problemen der drei Geschwister. Alle drei Episoden finden parallel statt, werden jedoch nacheinander erzählt. Somit springt man nicht innerhalb der Handlungsstränge, sondern kann sich auf die Figuren konzentrieren und ihren Geschichten folgen, bevor sich der nächsten Geschichte zugewandt wird. Jede Geschichte eines Geschwisterteils beginnt zudem mehr oder weniger positiv, spitzt sich jedoch zu und endet immer, nennen wir es mal, sehr emotional. Dabei stellt die zweite Episode, die Geschichte von Julia, für mich persönlich den größten emotionalen Wandel (Spannbreite) dar. Ohne spoilern zu wollen, kann ich sagen, dass ich am Ende der Episode emotional sehr mitgenommen war. Denn ihre exzessive Fürsorge gegenüber des Hundes wird "logisch" erklärt und begründet.
Es sollte zudem noch gesagt sein, dass es zu Beginn und als Abschluss des Films so etwas wie einen Prolog und einen Epilog gibt, der zu den drei Geschichten hinführt und sie miteinander verbindet. Im Prolog und Epilog kommt die Familie aus verschiedenen Gründen zusammen, die besonders für den Epilog nicht genannt werden, um die Spannung und Emotionalität der Sequenzen nicht vorwegzunehmen. Jeder Abschnitt trägt hierbei eine Zwischenüberschrift, die für die Tonalität der folgenden Episode ausschlaggebend und prägnant ist. Von diesen Zwischenüberschriften ist der Prolog ausgenommen, wobei man die Titelsequenz in der der Titel "All my loving" zu sehen ist, als (Unter-)Überschrift definieren könnte.
Der Film hat mir alles in allem sehr gut gefallen und mich tief in seine Geschichte hineingezogen. Die fast zwei Stunden Laufzeit vergingen wie im Flug für mich, da ich es genoss (soweit dies denn möglich ist) Teil der Geschichten zu sein und die Beweggründe beispielsweise Julias, zu entdecken. Jedoch konnte ich am Ende des Films nicht wirklich glücklich sein, obwohl der Film versucht die Zuschauer*innen mit einem positiven Ende und Gefühl zu entlassen, da ich von der vorherigen Episode noch zu sehr mitgenommen war. Unter anderem deswegen möchte ich dieses Ende kritisieren.

Der gesamte Film spielt mit den Problemen des Lebens und der Tatsache, dass jede Person seine persönlichen Probleme hat, die sich stark von denen einer anderen Person unterscheiden, das Leben deswegen jedoch nicht einfacher machen. Besonders zum Ende der dritten Episode wird an das Mitgefühl, die Betroffenheit und Sentimentalität der Zuschauenden appelliert. Mit solch einem negativen Gefühl möchte der Film das Publikum jedoch nicht entlassen, weswegen (scheinbar) schnell noch ein positives fröhliches Ende angehängt wird, um die Stimmung zu heben. Für mich stellt dies einen großen Bruch dar und verfehlt meiner Meinung nach seine Wirkung. Die Zuschauer*innen werden aus ihren Emotionen gerissen und in ein positives Erlebnis geschmissen, dass sie wahrscheinlich gar nicht genießen können, da sie noch von den Handlungen der dritten Episode ergriffen sind. Warum kann der Film nicht noch einen Moment in dieser Melancholie verharren. Meiner Meinung nach wäre der Film so noch etwas einprägsamer gewesen.

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